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BIM und die Gebäudehülle

Beim Kongress Advanced Building Skins in Bern in der Schweiz wurde deutlich: Eine integrale digitale Planung über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg wird immer wichtiger.

Insbesondere im Hinblick auf die kommenden Anforderungen hinsichtlich ESG, EU-Taxonomie und EU-Green Deal werden Bau- und Immobilienwirtschaft gewaltige Anstrengungen unternehmen müssen, um die gesetzten Klimaziele – neutraler Gebäudebestand bis 2045 – zu erreichen. Die Herausforderungen stecken hierbei vor allem im Gebäudebestand: So wurden etwa 63 Prozent der Wohngebäude in Deutschland vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahr 1979 errichtet, heißt es bei der Deutschen Energie-Agentur dena. Der Gebäudehülle, insbesondere der Fassade, kommt bei der Sanierung eine besondere Funktion zu. Die Kongressredner waren sich einig: Optimal werden die energetischen Potenziale genutzt, wenn eine erneuerte Fassade im Sinne eines holistischen Ansatzes Teil einer integralen Gesamtplanung ist, wenn also mit einer Sanierung die energetischen Potenziale des Gesamtsystems Gebäude genutzt werden. Dabei spielt die serielle und modulare Sanierung eine immer größer werdende Rolle.

Serielle und modulare Sanierung erfordert BIM

So stellte Michael Krause vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE ein Forschungsprojekt vor, das neben ästhetischen Eigenschaften der Fassadenmodule auch funktionale wie Heizen, Kühlen und Ventilation integriert. Weitere Referenten stellten bereits realisierte Projekte serieller und modularer Sanierung vor, so Stefan Öhler von Ecoworks in Berlin mit dem Ansatz einer seriellen net-zero renovation oder die Architekten Werner Nussmüller (Nussmüller Architekten, Graz) oder Gerhard Kopeinig (Arch+More, Graz), die über jahrelange Erfahrung mit der Sanierung mittels vorgefertigter Module verfügen.

Deutlich wurde bei allen Projekten: Ohne eine integrale digitale Planung unter Einschluss aller Beteiligten sind Sanierungen dieser Größenordnung und Komplexität nicht möglich. Dies hat auch Auswirkungen auf die Fertigungsbetriebe selbst. So machte Alexander Gumpp von Gumpp& Maier deutlich, die Prozesse in seinem Holzbaubetrieb bis 2025 komplett digitalisieren zu wollen.

Cradle-to-Cradle

Doch auch im Neubau stecken noch viele Potenziale, die mit BIM gehoben werden könnten. Dies zeigte die Vorstellung des Projektes The Cradle in Düsseldorf, das dem Ansatz folgt, bereits in der Planung alles für einen potenziellen Rückbau und die Weiterverwertung der Gebäudeteile zu berücksichtigen. Der in diesem Projekt erzeugte Digital Twin dient nicht mehr nur der reinen Planerstellung, sondern bildet den gesamten Lebenszyklus ab von der Planung über Bau und Betrieb bis hin zu einem potenziellen Rückbau. Dies erfordere eine konsequente interdisziplinäre Zusammenarbeit, betonte Antonino Vultaggio, Senior Partner bei HPP Architekten, der das Projekt gemeinsam mit den beteiligten Partnern vorstellte (siehe auch Vultaggios Fachbeitrag in der Build-Ing.).

Zur 17. Advanced Building Skins trafen sich am 20. und 21. Oktober 2022 mehr als 120 internationale Architekten, Ingenieure, Wissenschaftler und Vertreter der Bauindustrie im Kursaal im schweizerischen Bern und präsentierten Projekte, Produkte und Entwicklungen im Design von Gebäudehüllen.

Wolfgang Deil

Bei der BIM-Planung von The Cradle kamen agile Planungsmethoden zum Einsatz. Foto: Wolfgang Deil

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