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Europaweite Ausschreibungspflicht für Planungsaufträge

18 Kammern und Verbände der planenden Berufe fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme die Bundesregierung auf, die Voraussetzungen für die europaweite Ausschreibung von Planungsleistungen nicht abzusenken.

Die Bundesregierung plant, das laufende Vertragsverletzungsverfahren anlässlich der Regelung zur Auftragswertermittlung von Planungsleistungen in § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV durch dessen Streichung beizulegen. Ein entsprechender Passus findet sich in einem Referentenentwurf zur rechtlichen Umsetzung der (EU-) eForms.*

Die deutsche Sonderregelung bei der Auftragswertermittlung von Planungsleistungen besteht in der durch § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV eröffneten Möglichkeit, nur den Wert für Lose gleichartiger Leistungen zusammenzurechnen. Die EU-Kommission sieht darin einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 8 der klassischen Vergaberichtlinie (2014/24/EU), wonach grundsätzlich der geschätzte Gesamtwert aller Lose zusammenzurechnen ist. 2019 hat sie ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Die vorgesehene Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 der Vergabeverordnung (VgV) hätte zur Folge, dass nahezu alle öffentlichen Planungsaufgaben nach den Regeln des EU-Rechts vergeben werden müssten. Insbesondere die Kommunen als größter öffentlicher Auftraggeber wären überfordert, worauf auch die kommunalen Spitzenverbände hinweisen.

Anpassung deutschen Vergaberechts an die eForms

Die Verfahren würden sowohl für die Vergabe- wie Auftragnehmerseite teurer und würden doppelt so lange dauern. Bei den entsprechenden Bauleistungen würde es hingegen dabei bleiben, dass etwa 97 Prozent national vergeben werden können. Die Kammern und Verbände der planenden Berufe befürchten daher, dass zukünftig vermehrt Totalunternehmer im Rahmen eines Bauvertrages auch die Architekten- und Ingenieurleistungen übernehmen. Die Folge wäre eine Existenzgefährdung für die mittelstandsgeprägte Planungswirtschaft in Deutschland, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme.

Die ausführliche Stellungnahme der Planerverbände legt hingegen dar, warum den zu erwartenden negativen Auswirkungen kein erkennbarer Vorteil im Sinne einer Stärkung des europäischen Binnenmarkts gegenübersteht. Bei den bislang europaweit ausgeschriebenen großen Planungsaufträgen gab es so gut wie kein Interesse ausländischer Planungsbüros, wie aus der Antwort der damaligen Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion Ende 2020 hervorgeht.

Die beanstandete Regelung hatte die Bundesregierung bisher verteidigt, lehnt eine Auseinandersetzung vor dem EuGH aber ab. Nach Beschlussfassung durch das Kabinett wird der Entwurf Bundestag und Bundesrat zugeleitet, die der Änderung zustimmen müssen. Nach Vorstellung der Bundesregierung soll das Verfahren noch vor der Sommerpause abgeschlossen sein.

Unterzeichnende Kammern und Verbände

Bundesarchitektenkammer, Bundesingenieurkammer, Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, Bund Deutscher Baumeister, Bund Deutscher Innenarchitekten, Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, Bundesverband Freier Berufe, Bundesverband der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik, DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung, Förderverein der Bundesstiftung Baukultur, Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung, Vereinigung Freischaffender Architekten Deutschlands, Verband Beratender Ingenieure, Verband Deutscher Vermessungsingenieure, Zentralverband der Ingenieurvereine

 

* eForms sind der neue offene Standard der EU für Daten, die zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen über beabsichtigte und durchgeführte Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber auf Tenders Electronic Daily (TED) des Amts für Veröffentlichungen der EU zukünftig verwendet werden müssen. Schon seit November 2022 ist die Verwendung der sogenannten eForms auf freiwilliger Basis möglich, ab dem 25. Oktober 2023 werden sie bei EU-weiten Vergaben zur Pflicht.

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