Zum Hauptinhalt springen

Fake-Fäkalien
Die Macht des Auerhahns

Wo der Auerhahn früher nie gebalzt hat, taucht plötzlich seine Feder auf. Bauprojekt blockiert, Förster begeistert – und Umweltschützer unter Verdacht, Fake-Spuren zu legen.

Bei mehreren Bauprojekten besteht der Verdacht, dass falsche Tierkotspuren gelegt wurden, um den Bau zu erschweren oder zu verhindern. Ein prominentes Beispiel ist der Rosensteinpark in Bad Cannstatt. Dort sollen 100 Bäume für den Bau eines Tunnels gefällt werden. Sechs Juchtenkäfer-Verdachtsbäume befanden sich unter den Gewächsen. Seit Stuttgart 21 pflegt der Juchtenkäfer unfreiwillig seine überregionale Bekanntheit.

Es bedurfte besonderer Zustimmung der Kommission der Europäischen Union, um die besagten sechs Bäume entfernen zu dürfen. Sie wurden in kleinen Teilen mit Hilfe von Hubsteigern gefällt, um dabei die Fällfolge der Baumteile, die durch die ökologische Bauüberwachung vorgegeben wurde, einzuhalten. Man fand in einer Rotbuche Rosenkäfer und Mulm, die zusammen in drei Eimern bis zum Sommer aufbewahrt werden, um sie dann im Rosensteinpark wieder anzusiedeln. Der Rosenkäfer ist eine weniger streng geschützte Käferart.

Kotpillen am Stammfuß

Vor Beginn der Fällungen entdeckte man am Stamm der Bäume Kotpillen, die auf eine mögliche Besiedlung der Bäume mit Juchtenkäfern hinwiesen. Sechs Bäume stufte ein Gutachter daraufhin als Verdachtsbäume ein. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass dieser Baum über keine Mulmhöhlen verfügte. In diesem Zusammenhang stellte man sich die Frage, ob die Kotpillen auf natürlichem Wege zum Stammfuß gelangt waren und hegte einen Verdacht.

Der erhärtete sich, als bei den Fällarbeiten in einer Höhle eines Baumes eine Flasche mit Kotpillen gefunden wurde. Sie war vermutlich unbeabsichtigt in die sehr tiefe Baumhöhle gefallen. Die tatsächliche Bedeutung dieses Fundes erklärt Jörg Heimann, Pressesprecher Bahnprojekt Stuttgart-Ulm, mit deutlichen Worten: „Das Signal dieser Aktion ist doch auch, dass man offenbar mit verstreuten Kotpillen und Insektenteilen jedes größere und kleinere Bauprojekt verzögern oder gar blockieren kann". Mit gefälschten Spuren könnte demzufolge die Durchführung von Bauprojekten be- oder gar verhindert werden.

Familie Auerhahn stoppt Bauprojekt

In Ortenau sollten drei Windkraftanlagen am Gütschkopf entstehen. Die Genehmigung war so gut wie da, als das Projekt plötzlich gestoppt wurde. Auf dem Bauareal fand man die Kotpille eines Auerhuhns, eines Kükens und eine Auerhahnfeder. Damit war Familie Auerhahn komplett, was dazu führte, dass der geplante Anlagenstandort zum Auerhahnverdachtsgebiet erklärt wurde. Die Planung der Windkraftanlagen wurde gestoppt. Eine Auerhahnpopulation macht die Windkraftanlagen unmöglich, wozu der bloße Verdacht ausreicht, da der Auerhahnbestand im Schwarzwald bedenklich geschrumpft ist.

Die forstliche Versuchsanstalt Freiburg geriet angesichts der Kotpille sowie der gefundenen Feder in Verzückung und vermutete mindestens ein Auerhuhn mit Küken am Gütschkopf. Von einer Manipulation wollte man nichts wissen. Andreas Markowski hingegen, der Geschäftsführer der Freiburger Ökostromgruppe, spricht von vorsätzlich ausgelegtem Kot.

Die gefunden Kotpillen wurden fotografisch archiviert. Sie sind heute nicht mehr auffindbar, wodurch sie nicht mehr auf menschliche DNA untersucht werden können. Damit kann nicht abschließend geklärt werden, ob ein „Aktivist“ und Windkraftgegner die Pillen absichtlich ausgelegt hat oder ob sie von Auerhähnen stammen.

Auerhahn vs. Windkraftanlagen

Schon lange gibt es im Schwarzwald einen Zwist zwischen Auerhahn und Windkraftanlagen. Im Münstertal südlich von Freiburg plante man vor einigen Jahren eine Windkraftanlage. Plötzlich tauchte aus dem Nichts ein zahmer Auerhahn auf, der sich völlig untypisch verhielt. Er fühlte sich in der Nähe der Menschen äußerst wohl und ließ sich sogar füttern.

Man vermutete damals, der Auerhahn sei unter Menschen aufgewachsen und gezielt im Münstertal ausgesetzt worden. Lediglich der Zustand seines Federkleids sprach dagegen, was aber eine Manipulation nicht ausschließt. Der Auerhahn verstarb inzwischen.

Auerhahn inder Balz

Auerhahn in der Balz (Bild: Marvin/stock.adobe.com)

Diesen Artikel teilen
Anzeige
Gratis Probeheft bestellen!