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Massenrohstoff schwindet
Deutschland droht Sand-Engpass

Sand gehört zu den wichtigsten Baurohstoffen. Doch der könnte bald knapp werden, wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mitteilte.

Berlin und das Berliner Umland gehören zu den sandigsten Regionen Deutschlands. Die „märkische Sandbüchse“ in Brandenburg lieferte unter anderem bisher den Sand, den die Republik zum Bauen brauchte. Das könnte sich nun ändern, was für die Baubranche fatale Folgen haben würde. Ohne Sand kann nicht gebaut werden. Wird nicht gebaut, fehlen der so dringend benötigte Wohnraum und die gesamte Infrastruktur drum herum.

Rohstoffe ja, Abbau nein

Die Menge an Sand, Kies und Natursteinvorkommen ist in ganz Deutschland – mit Ausnahme der Regionen München oder Stuttgart – schier unerschöpflich. Der Großteil der Rohstoffvorkommen kann jedoch nicht abgebaut werden, weil Flächen überbaut sind oder zu Schutzgebieten umgewandelt wurden.

Ein weiterer Grund für einen drohenden Engpass des so dringend benötigten Rohstoffs sind laut BGR die Landwirte, für die sich der Verkauf oder die Verpachtung ihrer Flächen nicht mehr lohne. Niedrige Zinsen und steigende Preise für Ackerland haben die Grundstücksmärkte in den vergangenen Jahren stark verändert. Kieswerke mussten schließen, weil sie keine Erweiterungsflächen mehr erschließen konnten. Seit 2012 stieg die Menge an benötigtem Bausand um fünf Prozent auf rund hundert Millionen Tonnen pro Jahr durch private Bauinvestitionen.

Sand aus der Wüste

Je nach Regionen und Sandvorkommen, verhält sich auch die Preispolitik. In Berlin kostete die Tonne Sand aus den benachbarten Abbaugebieten etwa neun Euro. In München hingegen müssen circa 15 Euro für eine Tonne Sand gezahlt werden, da die Region nicht über genügend Vorkommen verfügt.

Bei Sand fallen einem schnell die Wüsten ein. Doch ist der Sand vom Wind zu fein geschliffen, so dass er als Baurohstoff nicht taugt. Die Körner würden keine ausreichende Bindung im Beton erlangen. Aus diesem Grund musste auch Dubai den Sand für seine künstlichen Inseln von der Ostküste Australiens einfliegen lassen.

Megastädte wie Mumbai, Lagos oder Shanghai stehen vor den gleichen Problemen. Sie benötigen viel Sand für die stetig wachsende Bevölkerung, die auf neuen Wohnraum angewiesen ist. Sand wird in einigen Regionen bereits geschmuggelt wie Diamanten, denn ohne Sand können weder Glas, noch Plastik, Farb- oder Klebstoffe produziert werden.

Ökologische Folgen

Doch nicht nur die Baubranche sieht sich großen Problemen gegenüber stehen. In vielen Küstengebieten Südostasiens führt der Sandabbau zum Grundwassermangel und Bodenabsenkungen. Meerwasser dringt immer weiter in das Landesinnere vor und versalzt dadurch Trinkwasser und Böden. Ernten werden vernichtet und die Trinkwasserbeschaffung immer schwieriger.

Küsten und Ufer erodieren, was sie anfälliger für Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Tsunamis macht. In Sri Lanka führte der Sandabbau im Jahr 2004 zu den verheerenden Folgen des Tsunamis. Um das Land danach wieder aufzubauen, benötigte man noch mehr Sand. So entsteht ein Kreislauf mit zerstörerischen Folgen für die dort lebenden Menschen und Tiere.

Lösung der Sand-Krise

Eine schnellere Genehmigung und mehr Anbauflächen fordert Olaf Enger, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe (Miro), um die Lage am Rohstoffmarkt zu entschärfen. Fünf bis zehn Jahre wartet man im Schnitt auf die Gutachten für eine freizugebende Fläche. Der Straßenbau in Nordrhein-Westfalen klagt bereits über Probleme. In Berlin müsse man drei 3 Wochen Wartezeit für Beton einplanen.

International müsse man eine bessere Koordination anstreben, um den wertvollen Rohstoff nachhaltig und gerecht zu nutzen, so Wissenschaftler im Fachmagazin Science. Vor allem ärmere Regionen sind vom Raubbau betroffen. "Wir müssen dringend das wirkliche Budget der globalen Ressource Sand kennen – und auch die versteckten Kosten der Sandgewinnung und des Handels beleuchten", betonen die Forscher. "Wir brauchen mehr Koordination zwischen nationalen und internationalen Akteuren, eine Überwachung und Genehmigungsregelungen für den Abbau und ein System der Ausgleichszahlungen für die ökologischen und sozialen Folgen", so die Forscher weiter.

 

(Bild: Daniel Ernst/stock.adobe.com)

(Bild: Daniel Ernst/stock.adobe.com)

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