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Deutsche Wohnen & Co enteignen

Architekten und Planer unterstützen die Kampagne zur Vergesellschaftung der größten Immobilienunternehmen

Die Bürgerinitiative Deutsche Wohnen & Co enteignen hat sich zum Ziel gesetzt, in Berlin alle Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen gegen eine Entschädigung zu vergesellschaften und die Wohnungen in eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu überführen. Um dieses Ziel zu erreichen, bereit die Bürgerinitiative für den 26. September 2021 einen Volksentscheid vor, der parallel zur Bundestagswahl und zur Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus stattfinden soll.

Etappen

Gemäß Berliner Verfassung wird der Volksentscheid in zwei Stufen vorbereitet: Volksinitiative und Volksbegehren.

Für eine erfolgreiche Volksinitiative ist die Sammlung von 20.000 Unterschriften innerhalb von sechs Monaten erforderlich. Unterschriftsberechtigt sind nur Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit und Hauptwohnsitz in Berlin.

Die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative startete im April 2019. Wegen ihres großen Erfolgs wurde sie nach wenigen Wochen beendet. Am 14. Juni 2019 übergab die Bürgerinitiative 77.001 Stimmen an die Senatsverwaltung für Inneres. Nach intensiver Prüfung erklärte Innensenator Geisel (SPD) das Volksbegehren am 17. September 2020 für zulässig.

Am 26. Februar 2021 begann die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren. Bis zum 25. Juni 2021 müssen 175.000 gültige Unterschriften vorliegen, um am 26. September 2021 den Volksentscheid durchführen zu können. Da der Anteil ungültiger Stimmen erfahrungsgemäß hoch ist, will die Bürgerinitiative 250.000 Stimmen einreichen.

Hintergründe

In Berlin wurden zwischen 1990 und 2004 ca. 200.000 Wohnungen städtischer Gesellschaften verkauft. Der Anteil städtischer Wohnungen sank von 482.000 (1990) auf 273.000 (2005). Als größter Einzelfall gilt der Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft GSW mit einem Bestand von 65.700 Wohnungen. Der Senat Wowereit II (Legislaturperiode 2002-2006) verkaufte die GSW 2004 an ein Konsortium aus Investmentgesellschaften. Unter Federführung des Regierenden Bürgermeisters Wowereit und des Finanzsenators Sarrazin (beide SPD) sowie mit Zustimmung der PDS wurde die GSW für 405 Millionen Euro privatisiert.

2013 übernahm die Deutsche Wohnen im Rahmen eines Share Deals 98,8 Prozent der Nachfolgegesellschaft GSW Immobilien AG. In Berlin besitzt die Deutsche Wohnen einen Gesamtbestand von 114.000 Wohnungen.

Die aktuelle Berliner Landesregierung schätzt die früheren Wohnungsverkäufe als Fehler ein und bemüht sich um eine teilweise Rekommunalisierung des Wohnungsbestands. 2019 kaufte der Senat beispielsweise von der ADO Properties S.A. 5.964 Wohnungen aus dem früheren GSW-Bestand zurück. Der Kaufpreis betrug 920 Millionen Euro.

Die Bürgerinitiative Deutsche Wohnen & Co enteignen sieht den schrittweisen Rückkauf von Wohnungen nicht als zielführend. Sie fordert die Vergesellschaftung aller großen Immobilienunternehmen.

Unterstützer

Unterstützt wird die Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen u. a. vom Berliner Mieterverein, von der IG Metall Berlin, GEW Berlin und von ver.di Berlin. Die Berliner Regierungskoalition aus SPD, B90/Grüne und Linke ist in der Frage der Unterstützung gespalten. Die Parteien B90/Grüne und Linke solidarisieren sich mit der Bürgerinitiative. Der Regierende Bürgermeister Müller (SPD) und die Spitzenkandidatin der SPD für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, Giffey, lehnen die Kampagne ab.

Auch bei Architekten und Planern hat sich ein Unterstützerkreis gebildet. Ihre Beweggründe formulieren sie in einem offenen Brief:

"Wir sind eine Gruppe von Planer:innen — Architekt:innen, Stadtplaner:innen und andere urbane Praktiker:innen — wir schlafen, studieren, leben, mieten und arbeiten in dieser Stadt. Wir fordern alle Planer:innen auf, Stellung zu beziehen [...]

[Wir unterstützen] die Kampagne 'Deutsche Wohnen & Co Enteignen', das Volksbegehren zur Vergesellschaftung der größten Immobilienunternehmen. Die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen, gestützt auf Artikel 15 des Grundgesetzes, sieht nicht nur die Übertragung von privatem in öffentliches Eigentum vor. Sie schafft außerdem die Grundlage für eine gemeinwohlorientierte Bewirtschaftung und verwaltet den vergesellschafteten Wohnungsbestand demokratisch und transparent durch eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Eine Entschädigung unter dem Marktwert ist möglich und die Kosten der Enteignung werden sich aus den Mieteinnahmen refinanzieren [...]"

Weitere Informationen der Architekten und Planer: Hier klicken

 

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