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Modulares Bauen
Der Zorn der Architekten

In Berlin protestieren zehn Fachverbände gegen die Auslobung von Wettbewerben für modulare Schulneubauten.

Die alten Fehler werden wiederholt – das ist einer der Gründe für die Protestaktion der Architektenkammer Berlin. Präsidentin Christina Edmaier unterzeichnete einen offenen Brief (hier als PDF) an vier Adressaten:

Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD)
Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke)
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD)
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD)

Die Architektenkammer Berlin empört sich im offenen Brief über die Auslobung der ersten Typenwettbewerbe für den dringend notwendigen Schulneubau in Berlin. An der Notwendigkeit, in den kommenden Jahren bis zu 20 Schulen bauen zu müssen, besteht kein Zweifel. Doch der Senat startete die Auslobung europaweit, ohne zuvor die Architektenkammer Berlin einzubeziehen, so der Vorwurf. Die AK-Berlin behält sich deshalb rechtliche Schritte gegen die Auslobung vor.

Zurück in die Siebzigerjahre?

Ein weiterer Kritikpunkt resultiert aus den Erfahrungen mit modularem Bauen:

„Obwohl unter Fachleuten Einigkeit besteht, dass die meisten Grundstücke in Berlin keinen ‚Idealzuschnitt‘ haben, wird wider besseren Wissens und trotz negativer Erfahrungen der 1970er Jahre erneut nur auf modulare Typenlösungen gesetzt. Eine nachträgliche Anpassung von Typen kann erfahrungsgemäß aufwändiger sein als eine Planung für das betreffende Grundstück; zumal jeweils immer noch eine individuelle Genehmigungsplanung erstellt werden muss. Die eine daraus erhoffte Kostenersparnis ist ohnehin umstritten.“

Ebenfalls ungeklärt seien die Einbeziehung zukünftiger Nutzergruppen, die Einbindung in den Stadtraum – und eine Definition des Begriffs modular.

Vorteil für Großbüros?

Auch die Wettbewerbskriterien werden von der AK-Berlin gerügt. Der Bewerber für den Wettbewerb müsse ein Team aus Fachplanern mitbringen und als Generalplaner auftreten. Ab Ausführungsplanung sollen Baufirmen den Planungsprozess übernehmen, was nach Ansicht der AK-Berlin nicht gewährleiste, dass die entwerfenden Architekten bis zur Fertigstellung die Entwurfsqualität garantieren könnten.

Weiterhin sei fraglich, ob kleinere Büros bei der Bewerbung für den Wettbewerb eine Chance zur Teilnahme hätten. Auch die Forderung nach Trennung von Planung und Ausführung zur Qualitätssicherung durch unabhängige, dem Auftraggeber verpflichtete Fachleute sei nicht erfüllt. Das Vorgehen widerspreche außerdem der Mittelstandsförderung und der gebotenen Streuung von Aufträgen nach deutschem und EU-Recht.

Dem offenen Brief schlossen sich neun Verbände, Vereinigungen und Initiativen an:

Architekten für Architekten, AfA
Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin, AIV
Bund Deutscher Architekten, BDA, Landesverband Berlin
Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure, BDB, Landesverband Berlin-Brandenburg
Bund Deutscher Innenarchitekten, BDIA, Landesverband Berlin-Brandenburg
Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, BDLA, Landesgruppe Berlin/Brandenburg
Interessengemeinschaft Verbandsungebundener Architekten in Berlin, IVAB
Vereinigung freischaffender Architekten, VfA, Landesgruppe Berlin-Brandenburg
Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung, SRL, Regionalgruppe Berlin-Brandenburg
wettbewerbsinitiative

 

 

Modulares Bauen 1972: Nakagin Capsule Tower, Tokio (Bild: Jordy Meow, Lizenz: CC BY-SA 3.0)

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