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„Befreiungsschlag für den Wohnungsbau“

Angesichts anhaltend sinkender Wohnungsbaugenehmigungen schlagen mehrere Bauverbände Alarm und fordern von der Politik Maßnahmen für vergünstigtes Bauen.

Die gestern veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes lassen keinen Zweifel zu: Um den Wohnungsbau in Deutschland steht es derzeit schlecht. Im Juli 2023 ging die Zahl der genehmigten Wohnungen (Neu- und Umbau) gegenüber dem Vorjahresmonat um 31,5 Prozent zurück, bei neuen Mehrfamilienhäusern um 31,2 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr wurden im Juli 2023 45,7 Prozent weniger neue Ein- und Zweifamilienhäuser genehmigt. Insgesamt lag in den ersten sieben Monaten 2023 die Zahl aller Genehmigungen um 27,8 Prozent unter dem Vorjahresniveau. In zehn Monaten in Folge sind die Genehmigungen für Wohnbauten damit in zweistelliger Höhe zurückgegangen. „Der freie Fall bei den Wohnungsbaugenehmigungen geht ungebremst weiter“, kommentiert der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, die Zahlen des Statistischen Bundesamtes.

Planungssicherheit, Vereinfachungen und Augenmaß

Der Bauindustrieverband, der Immobilienverband Deutschland IVD und der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW sehen die Bundesregierung in der Pflicht. Diese müsse endlich aufwachen und dürfe keine Zeit mehr verlieren, fordert Axel Gedaschko, Präsident des GdW. Am 25. September findet ein Wohnungsbaugipfel auf Einladung des Bundeskanzlers statt. Dieser müsse „den Befreiungsschlag für den Wohnungsbau bringen“, so Dirk Wohltorf, Präsident des IVD.

Womit der Befreiungsschlag gelinge, dafür haben die Verbände konkrete Vorschläge. So sei die von der Bundesregierung angekündigte degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) im Wohnungsbau ein erster Schritt in die richtige Richtung. Allerdings müsse Selbstnutzern, die nichts von der degressiven AfA haben, mit der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen unter die Arme gegriffen werden, so Dirk Wohltorf.

Eine differenzierte Sichtweise auf die degressive AfA hat Axel Gedaschko vom GdW. Viele Anbieter könnten eine degressive AfA infolge ihrer hohen Verlustvorträge aus intensiver Modernisierung und Neubau nicht in Anspruch nehmen. Dazu zählen laut Gedaschko die vielen Genossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen. Daher müsse eine degressive AfA ergänzt werden. „Hier ist insbesondere eine Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent und eine Zinsverbilligung durch die KfW notwendig“, fordert der GdW-Präsident. „In der aktuellen Krise brauchen die sozial orientierten Wohnungsunternehmen vor allem drei Dinge: Planungssicherheit, Vereinfachungen und Augenmaß. An allem hat es gefehlt und es fehlt immer noch“, so Gedaschko.

Zeit der politischen Sonntagsreden sei vorbei

Dafür müssten neben dem Bund und den Ländern auch die Kommunen endlich alles unterlassen, was das Bauen immer weiter verteuere, und alles unternehmen, um das Bauen wieder günstiger zu machen. Axel Gedaschko: „Politische Sonntagsreden haben unsere Unternehmen definitiv satt.“

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie fordert für den Wohnbaugipfel am 25. September darüber hinaus u.a. die vergünstigte Abgabe öffentlicher Grundstücke für den Mietwohnungsmarkt, die Absenkung der Grunderwerbssteuer oder die Aussetzung des EH40-Standards bei öffentlichen Förderprogrammen.

Genehmigungsrückgang auch beim Nichtwohnungsbau

Der Bauindustrieverband weist zudem darauf hin, dass auch das Volumen der Neubaugenehmigungen im Nichtwohnungsbau von Januar bis Juli 2023 real um mehr 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen sei. „Langsam wird auch hier die Luft dünn. Den Bauunternehmen geht bald die Arbeit aus, während der Bedarf in allen Bereichen hoch ist. Eine schier paradoxe Situation“, kommentiert Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller.

Foto: Deutsche Poroton

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