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17.03.2020 | Andreas Steyer

Die Zukunft heißt generischer Content

Intelligenter BIM-Content (Teil 2/2)

Für ein BIM-Projekt sind die Informationen der 3D-Modelle wesentlich. Um sie effektiver zu nutzen, muss der Wechsel von starren Katalogen zu generischem smartem Content vorangetrieben werden.

Im ersten Teil dieses Artikels („Generischer Content statt großer Kataloge“) wurden die Vorteile dargelegt, über die ein BIM-Content, der aus generisch erzeugten Objekten besteht, gegenüber großen Katalogen verfügt. BIM-Content sind Vorlagen verschiedenster Art, entwickelt für die Umsetzung von BIM-Projekten. Er umfasst z. B. 3D-Vorlage-Elemente für die Erstellung des BIM-Modells, Berechnungsformeln für eine exakte Berechnung komplexer Mengen, Leistungstexte für die automatische Erstellung des BIM-LVs, Kalkulationsansätze für die Angebotserstellung oder Zeitansätze für die 4D-Terminplanung.

In Teil 2 des Beitrags wird dies verdeutlicht, indem in verschiedenen Phasen der Bearbeitung eines BIM-Projekts die Generierung eines Objektes der Auswahl eines Objektes aus Katalogen gegenübergestellt wird. Besondere Aufmerksamkeit erhält dabei die Rolle der BIM-Eigenschaften, denen eine zentrale Funktion zukommt.

Generische 3D-Objekte

Das klassische Beispiel ist sicherlich die Erstellung des 3D-Modells, genauer die Auswahl und Konfiguration der dafür benötigten BIM-Objekte. Viele CAD-Hersteller, Produkthersteller oder Drittanbieter stellen dafür umfangreiche Kataloge an 3D-Objekten bereit. Diese Objekte können mehr oder weniger durch die Anpassung von Elementeigenschaften näher konfiguriert werden. Zur Verfügung steht aber immer eine begrenzte Anzahl an Elementen.

Es gibt auch die Möglichkeit, die CAD-Objekte projektbezogen zu generieren. Dabei wird z. B. über ein Add-on des CAD-Programms zuerst ein Objekttyp ausgewählt (Wand, Tür …) und dann das Objekt durch die Auswahl von Eigenschaften näher definiert. Auf Basis dieser Eingaben wird dann das CAD-Objekt erstellt, mit dem modelliert werden kann. Das Element wird also erst zu dem Zeitpunkt erzeugt, zu dem es benötigt wird.

Dieses Vorgehen bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich. Zum einen können durch die Anzahl der festgelegten Eigenschaften Objekte in unterschiedlichem Detaillierungsgrad für unterschiedliche Leistungsphasen erstellt werden. Zum anderen lassen sich durch die vielen möglichen Kombinationen unterschiedlicher Attributausprägungen eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Elementen erzeugen. Das betrifft nicht nur die Eigenschaften der Elemente, sondern auch die Varianten der Zusammensetzung verschiedener Teilelemente bei komplexeren Bauteilen (Türen, Fenster …).

Aber es gibt einen zusätzlichen, für die nächsten Schritte enorm wichtigen Vorteil: Die Elemente des BIM-Modells verfügen nun über weitaus mehr wertvolle Attribute.

Diese Attribute können von verschiedenen Softwarelösungen genutzt werden, um die BIM-Bauteile zu identifizieren. Denn egal, welcher Schritt folgt – ob Terminplanung, Mengen- und Kostenberechnung, Energieberechnungen oder ein anderer Vorgang –, nur wenn das nachfolgende Programm automatisch erkennen kann, mit welchen Elementen es zu tun hat, erreicht man wirkliche Effizienzgewinne.

Hier kann man natürlich mit Klassifizierungen arbeiten und den einzelnen Bauteilen feste Schlüssel zur Identifizierung zuweisen. Intelligenter ist es aber, wenn die Eigenschaften der Elemente ausgewertet werden. Denn diese beschreiben das Objekt bereits eindeutig. Und ändert sich ein relevantes Attribut, wird dadurch automatisch eine neue Zuordnung generiert, anstatt dass ein Schlüssel manuell ausgetauscht werden muss.

Dynamische Leistungsverzeichnisse

So kann beispielsweise für die Erstellung von Leistungsverzeichnissen durch die Eigenschaften eines BIM-Elements erkannt werden, zu welchem Gewerk das Bauteil gehört und welche Leistungspositionen für die Realisierung des Bauteils benötigt werden. Hat die Stahlbetonwand die Eigenschaft „Ausführung in WU-Beton“, muss z. B. die entsprechende Zulageposition ausgeschrieben werden.

Auch hier könnte man natürlich dem Bauteil aus einem Katalog ein Kostenelement mit einem festen Stamm an Positionen zuweisen. Werden diese jedoch erst anhand der Eigenschaften des Elements generiert, lassen sich alle denkbaren Kombinationen an Leistungspositionen erzeugen, und es müssen wesentlich weniger Positionen gepflegt werden.

Dieser Effekt kann noch deutlich verstärkt werden, indem auch die eigentliche Position erst anhand der Eigenschaften des Elements, zu dem sie gehört, generiert wird. Dafür dürfen ihr Kurz- und Langtext nicht aus starren Beschreibungen bestehen, sondern müssen sich dynamisch den Attributen anpassen. Der Kurztext der Hauptposition einer Kalksandsteinwand lautet beispielsweise: Außenwand, Kalksandstein, D=24cm, KS 20-1,8, Normalmörtel II.

In diesem Kurztext lassen sich (neben der Eigenschaft „Wand“) fünf unterschiedliche Attribute identifizieren: Lage, Material, Breite, Steinklasse, Mörtelgruppe.

Möchte man in einem Katalog alle sinnvollen Kombinationen aller Ausprägungen dieser Attribute vorhalten, kommt man leicht auf eine dreistellige Anzahl der Varianten dieser einen Position. Ersetzt man diese Ausprägungen durch Variablen, die sich an die Elementeigenschaften anpassen, braucht man nur noch eine einzige Ausprägung: <Lage>wand, <Material>, D=<Breite>cm, <Steinklasse>, <Mörtelgruppe>

Ändert sich die Ausprägung eines Attributs, muss nicht eine völlig neue Position zugewiesen werden, sondern es ändert sich lediglich ein Ausdruck im Text.

Gleiches gilt für die Berechnungsformel, die hinter jeder Position liegen muss, wenn man VOB-konforme Mengen berechnen möchte. Die Übermessungsregel wird durch das Gewerk bestimmt, numerische Eigenschaften wie z. B. der Bewehrungsgehalt fließen direkt in die Berechnung ein.

Hat man zu seinem BIM-Modell ein fertig erstelltes Leistungsverzeichnis mit modellbasiert berechneten Mengen, möchte man auch wissen, wie viel das Ganze kostet. Für die Kalkulation eines Angebots müssen dabei für jede Position Faktoren wie das benötigte Material, die genutzten Geräte und die notwendigen Arbeitsstunden berücksichtigt werden. Auch hier können die Eigenschaften der Elemente genutzt werden, um darüber beispielsweise die Auswahl der Materialien und Geräte zu steuern. Projekteigenschaften wie der Ausführungsort können beeinflussen, welche der regional unterschiedlichen Kostenansätze in die Berechnung einfließen. Auch die Bearbeitungszeiten, die für die verschiedenen Leistungen angesetzt werden müssen, sind abhängig von den Eigenschaften der einzelnen Elemente. Durch diese Zeiten kann wiederum ein 4D-Bauzeitenplan generiert werden.

Die Möglichkeit für generischen attributgesteuerten Content bietet sich also in vielen verschiedenen Phasen eines BIM-Projektes. Je konsequenter sich also starre Kataloge zu generischen smarten Contents entwickeln, desto eher werden die Daten beherrschbarer und die BIM-Projekte durch das gesteuert, was BIM ausmacht: die Informationen der 3D-Modelle.

© NEVARIS
Autor

Andreas Steyer ist verantwortlich für das Produktmarketing bei NEVARIS, einem Anbieter von Software für Architekten und Bauunternehmen und Teil der Nemetschek-Group. nevaris.com

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