Zum Hauptinhalt springen
augmented_reality.jpg
Dipl.-Ing. Hagen Schmidt-Bleker

Wertermittlung im digitalen Wandel

Wertermittlung von Grundstücken und Gebäuden

Die Bedürfnisse der Wertermittler müssen mit BIM zusammengebracht werden. Dabei profitiert die Branche von 3D-Technologien (AR/VR).

Hauptsächlich geht es bei der Wertermittlung darum, einen Kaufpreis zu einem vereinbarten Stichtag zu bestimmen. Es werden dazu u. a. Katasterkarten, Lagepläne, Grundbuchauszüge, Flächenberechnungen, Bauplanungsunterlagen wie Grundrisse, Schnitte, Ansichten, Details, ferner Mietverträge oder auch Bank- und Finanzierungsunterlagen studiert. Wichtig ist der persönliche Blick auf das Gebäude nebst Umfeld. Hier wird viel fotografiert, aufgemessen, es werden Notizen gefertigt oder Skizzen gemacht. Gleich einem Detektiv oder auch Wissenschaftler versuchen die Wertermittler, so viel über das Objekt oder Grundstück herauszufinden, wie es geht. Und genau bei dieser Sammel-, Dokumentations- und Auswertearbeit verschiedenster Informationen können BIM & Co. helfen.

Digitalisierung auch in der Bewirtschaftung

In naher Zukunft wird es für die meisten neu errichteten Gebäude ein BIM-Modell geben. Das Thema führt die Agenden von Kommunen, Ländern und Bundesverwaltungen an und wird mit entsprechenden Budgets gefördert. Nehmen wir zur Verdeutlichung des digitalen Wandels z. B. eine Studie des Zentralen Immobilien Ausschuss e. V. (ZIA) von 2016. Hier stand zu lesen, dass Daten und Informationen bereits jetzt bei über 70 Prozent der Befragten aus der Immobilienwirtschaft digital und strukturiert vorliegen und es ab 2022 in der gesamten Branche Standard sein dürfte.

Transportablen Arbeitsgeräten (Smartphone, Tablet-PC) kommt schon jetzt eine hohe Bedeutung zu, und zwar auch in der Bewirtschaftungsphase (Facility Management, FM), z. B. bei der Erfassung und Übertragung von Energiedaten, der digitalen Protokollierung (Begehungen, Abnahmen) oder auch zur Mängelbearbeitung. Natürlich lassen sich Gebäudebestände auch leicht und anschaulich vermarkten, etwa bei der Mieter- oder Käufersuche. Die Studie resümiert, dass Immobilienunternehmen den Einsatz digitaler Technologien auf breiter Basis forcieren werden – und auch innovative Technologien zum Einsatz kommen, wie z. B. „Smart Contracts, Augmented Reality, künstliche Intelligenz und Internet der Dinge“ (Zitat ZIA).

3D-Laserscanning für Bestandserfassung

Alles, was sich hier entwickelt, nutzt selbstverständlich auch den Wertermittlern, denn das BIM-Modell wird ja durch eine kooperative Arbeitsmethodik für den gesamten (!) Lebenszyklus des Gebäudes mit allen relevanten Informationen und Daten konsistent erfasst, verwaltet und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten bearbeitet. Es lebt quasi als digitaler Zwilling in Symbiose mit dem realen Objekt, wächst, schrumpft, wird verändert und irgendwann, wenn das Gebäude schon längst abgerissen sein wird, ist der Zwilling immer noch lebendig und dient in Datenbankarchiven statistischen oder prognostischen Zwecken. Wertermittler könnten also künftig aus dem BIM-Modell viele Daten ziehen, die sie vorher mühsam sammeln mussten.

Wie aber können die neue Methode sowie Virtual- und Augmented Reality-Verfahren helfen, wenn es noch kein 3D-BIM-Modell gibt? Hier ist das Stichwort 3D-Laserscanning wichtig. Gerade im Erfassen von Bestandssituationen spielt das digitale Aufmaß seine ganzen Vorteile aus. Keine Ungenauigkeiten mehr, sondern ein verformungsgerechtes (!) Abbild des bestehenden Objekts bzw. des Geländes in Form einer Punktwolke. Und auch keine wiederholten Ortsbesichtigungen mehr, denn es können kein Maß, keine Ecke, keine Kante verloren gehen bzw. übersehen werden. Der Wertermittler sieht alle Längen, Flächen und Installationen wie Einbauten, und auch ein weitläufiges Grundstück könnte eine Flug-Drohne erfassen.

Es gelingt in der Folge schnelles Generieren von akkuraten Schnitten, Grundrissen und einfachstes Umschalten von Punktwolke auf Fotografie bzw. 360-Grad-Video – wichtige visuelle Daten, die z. B. als Beleg oder Beweis vor Gericht dienen. Wertermittler schaffen sich also quasi ihr eigenes 3D-Modell und reichern es mit beliebig vielen sinnvollen Informationen an, sodass daraus ein Gebäudedatensatz (BIM) entsteht.

Virtual und Augmented Reality

Noch einige Gedanken zu Virtual- und Augmented Reality (virtuelle und angereicherte Realität). Eine Immobilie oder ein Grundstück lassen sich auch anhand des digitalen Zwillings bewerten – vorausgesetzt, dass er auf dem aktuellen Stand ist. Man setzt sich eine VR-Brille auf, spaziert los und nimmt alles in Augenschein. Tauchen Fragen auf, chattet man mit den Vertretern des Gebäudeteams. Sollte man trotzdem dem Modell misstrauen, bleibt als Argument, dass es bereits eine rechtswirksame Basis abgibt für eventuelle planerische Haftungsfragen. Man könnte im Zweifel – allerdings wieder im 2D-Modus – auch die modellbasierten Berechnungen und Analysen nachvollziehen, eine retrospektive Bauablaufssimulation machen, sich die Mengenermittlung und Ausschreibungen ansehen oder auch die verknüpften Raumbücher.

Die angereicherte Realität (Augmented Reality, AR) wiederum könnte Wertermittlern bei Ortsterminen dienen. So sind Einbauten, Installationen, Materialen, Möblierungen, Wartungsintervalle und vieles andere mehr im Anzeigefeld einer Brille oder auf mobilen Endgeräten sichtbar und geben Aufschluss über eine Bestandssituation. Alles in allem ein spannendes Thema und auch eines, dem sich Wertermittler künftig kaum entziehen können. Warum auch – es wird schließlich ihre Arbeit erleichtern.

Werden Sie Autor*in der Build-Ing.

Möchten Sie die Fachzeitschrift Build-Ing. mitgestalten?
Dann schreiben Sie uns unter der E-Mail-Adresse aldina.hasanovic@hussmedien.de!

 

Bilder
Cave (Bild: formitas AG)
Laserscan (Bild: formitas AG)
Virtual-Reality-Brille (Bild: formitas AG)
Zentrales Datenmodell (Bild: formitas AG)
© (Bild: formitas AG)
Augmented Reality App
Autor

Dipl.-Ing. Architekt Hagen Schmidt-Bleker gründete nach seinem Architekturstudium 1999 das Unternehmen formitas mit Sitz in Aachen, das sich u. a. mit der Einführung und Verbreitung von BIM beschäftigt (www.formitas.de). Hagen Schmidt-Bleker ist Vorstandsmitglied des competence center BIM e.V. und Mitinitiator der buildingSMART-Regionalgruppe Rheinland.

Kommentare
  • Keine Kommentare
Diesen Artikel teilen
Anzeige
Gratis Probeheft bestellen!