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04.12.2020 | Dr. Maximilian Schulte, Tobias Borschel, Christian Slossarek

Smart Living im Bauträgergeschäft

BIM & Smart Living, Teil 1

Der wachsende Anteil von Gebäuden mit Smart-Living-Lösungen stellt die Bauträger vor neue Herausforderungen bei Planung und Vertragsgestaltung.

Smart-Living-Lösungen und -Konzepte prägen schon jetzt immer mehr das klassische Bauträgergeschäft. Die vom Markt gewünschten Anforderungen an den modernen (Wohnungs-)Bau, beispielhaft genannt seien hier Anforderungen und Wünsche für das altersgerechte Wohnen, werden dieser Entwicklung weiter Vorschub leisten. Das Bauträgergeschäft ist hiervon sowohl in technischer (Planung und Bau) als wirtschaftlicher Hinsicht (Vertragsabschlüsse, Facility-Management, Immobilienbestandsverwaltung usw.) betroffen.

Chancen und Risiken für das Bauträgergeschäft

In dieser Entwicklung liegen sowohl Chancen als auch Risiken für das klassische Bauträgergeschäft. Durch innovative und durchdachte Smart-Living-Konzepte können sich Bauträger von der Konkurrenz absetzen und so ein starkes Verkaufsargument sein. Neben diversen Verkaufseffekten bieten die Smart-Living-Lösungen auch eine Vielzahl von technischen sowie wirtschaftlichen Vorteilen, die insbesondere dann zum Tragen kommen, wenn die Immobilien im eigenen Portfolio verbleiben (z. B. höhere Energieeffizienz durch Gebäudeautomation, Vereinfachungen im Facility Management usw.).
Die Integration und der Einsatz von Smart-Living-Lösungen und -Konzepten erfordert jedoch ein erhöhtes Maß an Know-How. Bereits bei der Vertragsgestaltung ist darauf zu achten, dass etwaige Schnittstellenproblematiken bedacht und geregelt werden.

Neben den bereits jetzt gängigen Streitthemen, welches Gewerk einen etwaigen Mangel zu verantworten hat, drohen beim Einsatz von Smart-Living-Lösungen neue Streitthemen, die weit über den klassischen Baumangel hinausgehen:

  • Wie ist die IT-Sicherheit ausgestaltet?
  • Wie steht es um den Datenschutz?
  • Wie muss ein Lastenheft ausgestaltet sein?
  • Wer trägt die Projektkoordination?
  • Wer trägt die Verantwortung, wenn nach Software-Updates die Kommunikation unter einzelnen Smart-Living-Komponenten nicht mehr funktioniert?
  • Kann die (Betreiber-)Verantwortung vollständig auf den Mieter/den Erwerber übertragen werden?
  • Was geschieht, wenn der Mieter/der Erwerber das Smart-Living-Konzept eigenständig erweitert?

Smart-Living im Lebenszyklus einer Immobilie

Schon bei der Planung neuer Wohngebäude sollte daher der Fokus verstärkt auf die Integration von Smart-Living-Lösungen und -Konzepten gelegt werden. Dabei zeichnet sich eine gute Planung nicht allein durch den Einsatz möglichst vieler intelligenter Bausteine, sondern vielmehr durch ein durchdachtes Gesamtkonzept aus, das auch etwaige Upgrade-Möglichkeiten, die Benutzerfreundlichkeit sowie die Wirtschaftlichkeit betrachtet. Auch zukünftige Marktentwicklungen und angekündigte Produktneuvorstellungen sind durchgängig im Auge zu behalten. Eine Marktkenntnis wird insbesondere im Planungsprozess von elementarer Bedeutung sein, um die für das jeweilige Bauvorhaben sinnvollste Smart-Living-Lösung zu erhalten.

Die inhaltlichen Anforderungen an Leistungs- und Baubeschreibungen werden weiterhin wachsen, da gegebenenfalls vertieft technische Inhalte und Möglichkeiten dargestellt werden müssen. Es ist durchaus fraglich, ob Bauträger diese Anforderungen aufgrund der Komplexität ohne externe Hilfe noch allein stemmen können.

Auch wenn großartige Änderungen in der Bauausführung nicht zu erwarten sind, so werden umfangreichere Prüfprozesse (z. B. im Rahmen der Abnahme) notwendig sein, um die Smart-Living-Lösungen in ihrer Gesamtheit zu überprüfen. Schon bei der Terminplanung ist dies zu berücksichtigen. Zudem sollten – sofern möglich – mit den ausführenden Unternehmen Prüfprozesse vorab besprochen und festgelegt werden, um so ein möglichst umfassendes Bild über die Funktionsfähigkeit der Smart-Living-Komponenten zu erhalten.

In enger Zusammenarbeit mit den Planern sollte bereits vertraglich fixiert werden, welche Dokumentations- und Revisionsunterlagen durch die bauausführenden Unternehmen hinsichtlich der Smart-Living-Komponenten zu übergeben sind. Denn auch der Bauträger muss seine Kunden entsprechend informieren können. Smart-Living-Lösungen und -Konzepte können nur dann überzeugen, wenn die Möglichkeiten und Bedienungen vom Nutzer verstanden und angewandt werden.

Es ist abzusehen, dass hierfür die bisher stets praktizierte einfache Übergabe einer Dokumentensammlung allein nicht mehr ausreichen wird. Mehr als in der Vergangenheit werden daher Kunden von Bauträgern, seien es nun Erwerber oder Mieter, auf entsprechende Erläuterungen und Einweisungen bei der Übergabe der Wohnung bestehen und auch angewiesen sein. Sofern solche Informationsveranstaltungen auf Dritte, z. B. das bauausführende Unternehmen oder die Hausverwaltung, ausgelagert werden sollen, ist dies bei der Gestaltung der Verträge und der Budgetierung zu berücksichtigen.

Nach der Übergabe der Wohnungen wird sich der Bauträger im Rahmen der Gewährleistungsverpflichtungen – mehr als bisher – mit technischen Fragestellungen (Kommunikation der Smart-Living-Komponenten untereinander, Systemausfälle, Updatezyklen usw.) auseinandersetzen müssen. Wartungsverträge mit Dritten können den Arbeitsanfall mindern, sind jedoch mit Kosten verbunden.

Fazit

Durch den stetig wachsenden Anteil an Smart-Living-Lösungen und -Konzepten wird sich das Bauträgergeschäft im Kern nicht verändern. Gleichwohl werden die Anforderungen an die Planung wachsen, denn nur mit durchdachten Gesamtkonzepten wird man sich von der Konkurrenz absetzen. Im Rahmen der Vertragsgestaltung sollten Anforderungen bestmöglich definiert und Schnittstellenfelder umfassend geregelt werden.
Mit der Technik steigt auch der Wartungsbedarf. Hier können sich neue Geschäftsfelder für die Bauträger auftun, sofern das eigene Portfolio breit aufgestellt ist bzw. aufgestellt werden soll. Die Kommunikation mit den Erwerbern bzw. Kunden wird vermehrt auch technische Aspekte beinhalten. Das entsprechende Know-how müssten die Bauträger somit selbst entwickeln und vorhalten oder an Dritte auslagern.

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Autoren

Dr. Maximilian Schulte ist als Rechtsanwalt bei HFK Rechtsanwälte spezialisiert auf Transaktionen und Finanzierungen im Immobiliensektor sowie Legal Asset Management. (Bild: privat) hfk.de


Tobias Borschel ist als Rechtsanwalt bei HFK Rechtsanwälte spezialisiert auf Fragen des WEG- und Bauträgerrechts. (Bild: privat)  hfk.de


Christian Slossarek ist bei HFK Rechtsanwälte Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Er ist spezialisiert auf Vertragsgestaltung, baubegleitende Rechtsberatung und Prozessführung. (Bild: privat) hfk.de

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