15.05.2020 |
Jörn Pötting, Tim Westphal
Zufriedene Auftraggeber sind für jedes Planungsbüro die wichtigste Geschäftsgrundlage. Doch das ist leichter gesagt, als getan. Denn jede Bauaufgabe stellt den Architekten und sein Team vor neue Herausforderungen. Und jeder Bauherr tickt anders. Wie können wir also die Zufriedenheit unserer Auftraggeber mit einer effizienten Nutzung und Verknüpfung von digitalen Planungstools/BIM erhöhen?
Die Antwort auf diese Frage ist mindestens so vielschichtig wie die Projekte, die uns täglich fordern. Ohne für alle Kollegen aus Planung und Bauausführung sprechen zu können, wollen wir dennoch einen tieferen Einblick in die Arbeits- und Planungskultur bei Pötting Generalplanung GmbH geben – und den einen oder anderen zum Nachdenken und bestenfalls zum Adaptieren unserer Herangehensweise an Architekturaufgaben anregen.
Statusprüfung noch vor dem Projektstart
Im Vorfeld eines jeden Projekts fragen wir uns, welche Informationen für unsere Auftraggeber zu welchem Zeitpunkt im Projektablauf erforderlich sind, damit sie über den gesamten Projektverlauf die besten Entscheidungen treffen können. In der Regel benötigen Investoren bereits mit der Projektentwicklung verbindliche Projektdaten, um ihre Investitionsentscheidungen sicher treffen zu können. Diese Daten sind wie eine DNA für die Entwicklung des anschließenden Projekts. Sie spielen in alle weiteren Planungsschritte hinein und bilden gleichsam das Rückgrat des Gesamtkonzepts. In den anschließenden Vorentwurfs- und Entwurfsphasen folgen dann weitere wichtige Entscheidungen, die wiederum in der Ausführungsphase mit erheblichem Personalaufwand weiterverfolgt und umgesetzt werden.
Zwischen der Entwurfs- und Ausführungsplanung beobachten wir grundsätzlich verschiedene Anforderungen an die Art und Qualität der Daten im Planungsprozess. Unser Erfolg und die Zufriedenheit unserer Kunden hängt deshalb entscheidend von der passgenauen Bereitstellung unterschiedlicher Daten und Informationen zur jeweiligen Planungsphase Entwurf oder Ausführungsplanung ab.
Szenarien erstellen und Kostentreiber früh herausarbeiten
In den frühen Entwurfsphasen – startend mit der Vorplanung – werden verschiedene Daten als Schätzungen oder Prognosen für Entscheidungen über diverse Gebäudevariablen benötigt. Diese Daten sind die Grundlage, um das zukünftige Gebäude zu modellieren. Gefragt sind hier kurzfristig und schnell erzeugte Schätzungen von hoher Wahrscheinlichkeit, mit denen sich unterschiedliche Entwurfsszenarien möglichst einfach vergleichen lassen.
In dieser Phase ist es wichtig, die verschiedenen Parameter eines Gebäudes wie z. B. Energieeffizienz, Konstruktionsart, Materialien oder Nachhaltigkeitsaspekte, aber auch grundlegende Nutzungsarten einander gegenüberstellen zu können. Von Auftraggebern und finanzierenden Kreditinstituten wird zum Beispiel oft gefordert, dass ein Gebäude nicht nur für eine Nutzungsart im Laufe der Gebäudestandzeit konzipiert wird. So soll das zu planende Gebäude bei einem veränderten Markt weitere Nutzungsoptionen bieten (beispielsweise die Zweitnutzung eines ehemaligen Seniorenheimes als Studentenwohnheim).
Eine wesentliche Anforderung ist die frühe Einordnung der Energieeffizienz des Bauwerks schon in der Vorplanung und der a) damit verbundenen Auswirkungen auf die Reduzierung der Mietfläche und b) der Bestimmung der nachfolgenden Betriebskosten. Das wird gern vergessen oder mehr oder minder unbewusst außer Acht gelassen. Hocheffiziente Energiekonzepte werden dann unter Förderungsaspekten geplant – jedoch ohne die höheren Betriebs- und Wartungskosten der Anlagen sowie die genauen Auswirkungen auf die Reduzierung vermietbarer Flächen durch Dämmung und Lüftungskanäle zu kennen. Hier ist unserer Erfahrung nach eine frühe Gegenüberstellung von verschiedenen Szenarien äußerst wichtig.
Ebenso ist eine frühe Einschätzung bezüglich der Kosten und Ertragswerte bei der Wartung und Instandhaltung von geplanten Systemen von großem Interesse. Ein Beispiel ist die Wohnungslüftung in einem nach Passivhausstandard geplanten Gebäude. Die intervallmäßigen Wartungskosten können hier die Höhe der Betriebskosten sowie die Energieeinsparung trotz der Vermeidung fossiler Brennstoffe übersteigen.
Planen im Büro, Ausführen auf der Baustelle: WU-Betonsohle für eine Tiefgarage, Bild: Pötting Generalplanung GmbH, Berlin
Vertrauen durch Transparenz
Möchte der Planer nach Abgabe der Entwurfsplanung an den essenziellen Kerndaten wie zum Beispiel Kosten oder vermietbarer Fläche etwas ändern, ist dies in der Regel mit einem sehr hohen Konfliktpotenzial beim Auftraggeber verbunden. Deshalb nutzen wir bereits in den ersten drei Leistungsphasen digitale Planungstools, um unseren Auftraggebern die von ihnen benötigten Daten zur Verfügung zu stellen.
Insbesondere wünschen wir uns auch in den frühen Leistungsphasen eine vernetzte Zusammenarbeit mit den wichtigen Fachingenieurleistungen für Tragwerk, technische Gebäudeausstattung und Bauphysik.
Prognosen, die auf größeren Datenpools basieren, sind für Abschätzungen vorteilhaft. Dabei gilt: Je höher die Menge der qualifizierten Daten (z. B. Kostenkennwerte), desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Prognose eintritt.
Anders verhält es sich in der Ausführungsphase nach Bauantragstellung. Hier werden möglichst präzise projektspezifische Daten mit einer großen Schnittstellenqualität benötigt. Diese Daten erfordern eine hohe Präzision und müssen in der Regel kostspielig und mit hohem Einsatz an Fachpersonal erzeugt werden.
Wir segmentieren Planung und Erstellung in zwei Phasen.
Die erste Phase erstreckt sich bis zur Baueingabeplanung. In der zweiten Phase des etablierten Planungs- und Bauprozesses wird die Entwurfsidee in der Ausführungsplanung ausführungsreif konstruiert, in Leistungsbeschreibungen erfasst, mithilfe unseres Baustellenmanagements errichtet und das fertige Gebäude anschließend vom Facility Management betrieben und durch die Eigentümer oder Mieter genutzt.
Präzise Informationen effizient nutzbar machen
Viele digitale Planungsmethoden, allen voran BIM, beziehen sich auf eine effiziente Verknüpfung von Daten in der Ausführungsplanung, der Baustellenüberwachung und des Monitorings im Gebäudebetrieb. Ein wichtiges Augenmerk liegt dabei auf der geschickten Verknüpfung möglichst vieler präziser 3D-Daten bei der Ausführungsplanung mit den anschließenden Leistungsphasen Ausschreibung, Vergabe und Bauleitung. Darüber hinaus ist die Integration und Bereitstellung der Daten für andere Planungsbüros ein wichtiger Mehrwert.
Unser wirtschaftliches Kalkül besteht darin, durch die geschickte Verknüpfung von Daten und Planungsprozessen die Qualität der Planung zu steigern – bei gleichzeitig geringerem Arbeitsaufwand. Um dies zu erreichen, sind passgenaue Schnittstellen und exakte Ergebnisse gefragt. Dabei sind Ungenauigkeiten jeglicher Art – zum Beispiel von Ebenen, Parametern, Schnittstellen oder Bauteilen – penibel zu vermeiden. Es gilt: Je präziser und exakter die Daten eingegeben werden, umso flüssiger und reibungsloser kann die Verarbeitung erfolgen.
Hier liegt ein hohes wirtschaftliches Risiko. Denn Bauen bedeutet in der Regel, ein Unikat zu planen. Deshalb sollte die Geschäftsführung eines Architektur- und Planungsbüros für sich beantworten, wo die wirtschaftlichen Vorteile beim BIM-Einsatz liegen. Wir erkennen ein großes Risiko, unwirtschaftlich mit BIM zu arbeiten. Viele Büros drängen daher weiterhin auf eine Extra-Vergütung von BIM-Planungsleistungen.
In der Wertschöpfungskette der Architektur- und Planungsbüros bedeutet das, eine möglichst hohe Qualität bei der Dateneingabe zu erreichen – bei einer optimalen Verknüpfung der Daten. Die Herstellung von Daten, die in Datenbanken von unterschiedlichen Nutzern gelesen und präzise weiterverarbeitet werden können, ist kostenintensiv. Die Planungsbüros benötigen hierfür ausgebildetes Fachpersonal und ein eigenes Qualitätsmanagement (in der Regel als BIM-Management) im Büro.
Fertigteil-Wendeltreppe für kostengünstigen Wohnungsbau, Bild: Pötting Generalplanung GmbH, Berlin
Veränderte Prozesse bei der Projekt-Durcharbeitung
Beachtenswert ist überdies die gegensätzliche Gewichtung bei der Festlegung von Kenndaten und für die Nutzung von Planungsressourcen in der jeweiligen Projektstufe. Mit Fertigstellung der Entwurfsplanung sind ca. ein Viertel des Planungsbudgets aufgebraucht – die wesentlichen Eckpunkte des Projekts jedoch bereits zu 100 Prozent festgelegt. Im Umkehrschluss wird damit deutlich, welch fatale Folgen zu erwarten sind, wenn mit der klassischen BIM-Methode Eckdaten eines Projekts festgelegt werden sollen.
Unter klassischem BIM verstehen wir die präzise Dateneingabe nach definierten baulichen Anforderungen – die jedoch mit unpräzisen Zielvorgaben definiert wurden. Wir erachten ein Prognose-BIM als sinnvoll. Es setzt eine präzise Bestimmung der Zielvorgaben mithilfe vorhandener Daten voraus, aus denen dann die baulichen Anforderungen zu entwickeln sind.
Erst im Folgeschritt fällen wir die Entscheidung, wie präzise die Dateneingabe im Planungsprozess zu erfolgen hat. Die eigene Herangehensweise an BIM vorab zu definieren, ist also enorm wichtig. Schlimmstenfalls wird sonst für viel Geld und Zeit eine präzise Planung erstellt, die als Ergebnis die budgetierten Baukosten deutlich überschreitet. Hat der Architekt jedoch vertraglich zugesichert, die Kosten einzuhalten, kann er ohne zusätzliche Vergütung nochmal von vorn anfangen.
Aus dieser Beobachtung heraus entwickelten wir für die Entwurfs- und Ausführungsplanung unterschiedliche Datenanwendungen. Zu Beginn einer Projektplanung erarbeiten wir in einer Machbarkeitsstudie eine Bedarfsplanung und einen Vorentwurf mit mehreren Varianten. Die Studie wird in einem 3D-Modell erzeugt, von dem wir Flächen und Kosten automatisiert ableiten können.
Zusammen mit der Erstellung von Abstandsflächen und ersten Aussagen zum Baurecht erarbeiten wir die wichtigen Kenndaten wie Kubatur und Flächen sowie Kosten und Gestaltung der zukünftigen Gebäude. Aus dem vorliegenden 3D-Modell leiten wir Perspektiven ab sowie eine ungefähr einminütige Videosequenz für unsere Präsentation beim Auftraggeber und bei den entscheidenden Behörden und Gremien. Damit geben wie unseren Auftraggebern sehr früh im Projekt die wichtigsten Daten für die weiteren Entscheidungen in die Hand.
Mit Projektstart und Einverständnis der Beteiligten bearbeiten wir in der Entwurfsplanung in einem verfeinerten 3D-Modell den Vorentwurf und integrieren Statik sowie TGA-Planung. Insbesondere würden wir uns hier eine engere Zusammenarbeit mit der Fachplanung wünschen. Wir vermissen bisher den digitalen Austausch in Varianten im Bereich der Statik, TGA-Planung und Bauphysik, um zwischen verschiedenen Konstruktionsarten wie Beton, Holzhybrid oder Elementbauweise zu vergleichen.
Auch im TGA-Bereich könnten wir uns schon im Entwurf bzw. Vorentwurf wesentlich bessere Abschätzungen in Bezug auf integrierte Lüftungssysteme vorstellen. Wir sehen hier einen großen Bedarf an interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Fachingenieuren im Bereich der Bauphysik. Ein interdisziplinärer Planungsansatz ist bisher jedoch noch die Ausnahme.
Das in der Entwurfsphase angelegte 3D-Modell wird in der Ausführungsplanung für die Ausführungspläne im Maßstab 1:50 weiterbearbeitet. Aus diesem Modell lassen sich effizient Flächen und automatische Leistungsverzeichnisse für ca. 80 Prozent der auszuschreibenden Mengen ableiten. Die ausführliche Detailplanung im Maßstab 1:20 bis 1:5 erarbeiten wir wie schon seit Jahren in Vektor-Zeichnungen mit einer Dreitafelprojektion. Wir passen dabei stets die bereits vorhandenen Details an die aktuellen Planungsstände an.
Projekt von Pötting in Berlin: Geschosswohnungsbau für die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM, Bild: Stefan Josef Müller/Pötting Generalplanung GmbH
Fazit
Die entscheidenden Weichenstellungen in einem Projekt erfolgen in den frühen Leistungsphasen der Projektentwicklung, im Vorentwurf und in der Entwurfsplanung. Hier werden schnell verschiedene sowie möglichst verbindliche Schätz-Varianten benötigt. Mit ihrer Hilfe können die Beteiligten fundierte Entscheidungen für eine vertiefende Planung treffen.
Die Methode der Schätzung wird bei der aktuellen Entwicklung von interdisziplinären digitalen Datentools beim Einsatz von BIM zu wenig beachtet. Gerade bei der Schätzung kann jedoch eine vernetzte digitale Planung grundlegende Informationen liefern. Hier ist noch ein hoher Entwicklungsbedarf zwischen Softwareherstellern, Architekten, Fachingenieuren und Bauphysikern erforderlich.