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19.05.2020 | Stefan Kaufmann, Thomas Müller

Next Level BIM – In sieben Schritten zu einer integralen Arbeitsweise

Integrale Arbeitsweise

Die BIM-Methodik wird in Deutschland anders ausgestaltet als in Großbritannien oder Norwegen. Dennoch müssen weltweit gültige Standards definiert werden – das Baugeschäft ist international.

Die digitale Planung mit BIM schreitet national und international weiter voran. Neben dem Nutzen, der beim Architekten oder Fachplaner vor allem durch hohe Effizienz und maximale Kostensicherheit in Planung und Bauphase sichtbar wird, sind es die Bauherren und Immobilienbetreiber, die mit wachsendem Interesse den Mehrwert von BIM erkennen.

Doch gibt es bisher nur wenige Regelwerke auf internationaler Ebene, die die digitale Planungsmethode im Projekt ausgestalten. Jedes Land scheint hierbei auch in Zukunft eigene Wege gehen zu wollen. Und das durchaus zu Recht: Bauen ist verankert in der Landeskultur. Damit ist es so verschieden wie die Menschen, die den jeweiligen Kulturkreis prägen. Hinzu kommen unterschiedliche Berufsbilder nicht nur von Architekten und Fachplanern. Den daraus erwachsenden gesellschaftlichen Besonderheiten muss auch BIM Rechnung tragen – und trotzdem Planungsprozesse definieren, die international Gültigkeit haben.

Seit mehr als drei Jahrzehnten sind regionale, nationale und international agierende Organisationen und Arbeitsgruppen damit beschäftigt, die Standards für die digitale Planung mit BIM zu definieren. Das ist umso wichtiger, als dass Bauen immer stärker zu einem internationalen Geschäft wird. Die Gesamtbausummen, ab der eine europaweite Ausschreibung notwendig ist, sind relativ niedrig. In der Richtlinie 2004/18/EG ist EU-weit geregelt, ab wann die sogenannten EU-Schwellenwerte greifen. So sind es bei Bauten der öffentlichen Hand derzeit 5,186 Millionen Euro.

Schon für eine alltägliche Bauaufgabe wie eine Grundschule oder eine städtische Mehrzweckhalle ist dieser Schwellenwert schnell überschritten und europaweit auszuschreiben. Grundsätzlich können sich darüber hinaus die Mitglieder des Government Procurement Agreement (GPA) auf alle Projekte oberhalb der EU-Schwellenwerte bewerben. Neben den EU-Mitgliedsstaaten sind dies aktuell 19 weitere Länder, u. a. die Schweiz, USA, Kanada, Norwegen und Japan.

1. Allgemeingültige Planungsregeln entwickeln

Einer der wichtigen Basis-Parameter, denen sich unter anderem buildingSMART, Normenausschüsse und Softwarehersteller verstärkt annehmen, ist der sogenannte BIM-Level. Er definiert die Tiefe der BIM-Implementierung innerhalb des jeweiligen Projekts. Hierfür werden heute verschiedene Level – von Level 0 bis Level 3 – festgelegt. Eine Fortschreibung zu Level 4 und darüber hinaus ist zu erwarten.

2. Planungstiefe in den BIM-Entwicklungsstufen festlegen

In den BIM-Leveln 0 bis 3 lassen sich relevante Entwicklungsstufen der digitalen Bauplanung evolutionär verorten. Geht Level 0 von einem reinen 2D-orientierten CAD aus, das ausschließlich auf grafischen Elementen basiert, verbindet BIM-Level 1 bereits 2D- und 3D-Informationen. So erleichtert die 3D-Darstellung das Verständnis für Entwurf und Fachplanungen.

Darüber hinaus sind durch die räumliche Darstellung bereits einfache Kollisionskontrollen von überlagerten Fachmodellen möglich. Die Kollisionskontrolle (Clash Detection) schafft einen Mehrwert, der im Level 0 nicht vorhanden ist: Planungsfehler automatisiert zu erkennen und zu beheben anstatt teurer Anpassungen auf der Baustelle. BIM-Level 1 ist heute noch in vielen Planungsbüros Standard.

Bei BIM-Level 2 sprechen wir von einer durchgängigen BIM-Arbeitsweise. BIM-Level 2 zeichnet sich aus durch eine objektbasierte Arbeitsweise mit semantischen Bauwerksmodellen, die im Planungsprozess mit einer Vielzahl von Informationen angereichert werden können. Mengen und Massen lassen sich daraus ebenso ableiten wie Grundrisse und Schnitte. Eine auf dem Bauwerksmodell beruhende Logistik- oder Bauzeitenplanung der zukünftigen Baustelle lässt sich mit den Modellen verknüpfen. Damit wird eine fachplanerübergreifende Zusammenarbeit viel einfacher und effizienter.

Vor allem das aus den Fachmodellen konsolidierte Koordinationsmodell, in dem alle relevanten Informationen zentral zusammengeführt werden, schafft interdisziplinäre Transparenz und reduziert Planungsmängel. Durch die objektbasierte Arbeitsweise gewinnt die Qualitätskontrolle des Bauwerksmodells ebenfalls an Bedeutung. Sämtliche Objekteigenschaften (neben Geometrieinformationen können dies z. B. Informationen über Brandschutz, Wartung oder die Tragfähigkeit von Bauelementen sein) lassen sich prüfen und im Sinne eines modellbasierten Qualitäts- und Fehlermanagements nutzen. Bei den BIM-Vorreitern in der Branche ist Level 2 aktuell Standard.

Bild: Allplan

3. Datenbankbasierten Planungsprozess unterstützen

BIM-Level 3 zeichnet sich durch eine hochintegrale Arbeitsweise aus, die anders als bei Level 2, bei der Bauwerke als Files verwaltet werden, nun datenbankbasiert erfolgt. Aus den digitalen Bauwerksmodellen werden Bauwerksdatenbanken, die in den vielen verschiedenen BIM-Anwendungsfällen besonders effizient und flexibel genutzt werden können.

Um BIM-Level 3 zu ermöglichen, muss der BIM-Planungsprozess in einer einheitlichen, gemeinsamen Datenumgebung koordiniert werden. Dieser wird als „BIM-Level 3 Plattform“ bezeichnet. Durch die datenbankbasierte Modellverwaltung ergeben sich unter anderem Vorteile für eine bessere Zusammenarbeit sowie umfassende Auswertungsmöglichkeiten (zum Beispiel beim Vergleich von Modellrevisionen).

Über das herstellerneutrale BIM Collaboration Format (BCF) werden Aufgaben in der Cloud modellbasiert beschrieben, verwaltet und transparent kommuniziert. Das erleichtert das Beheben von Planungsfehlern, genauso wie das Dokumentieren und Beseitigen von Baumängeln. Die Projektqualität erhöht sich damit eklatant. BIM-Level 3 berücksichtigt neben der Planungs- und Bauphase ebenso die Betriebsphase von Bauwerken.

Dabei zeigt sich eine besondere Stärke von BIM-Level 3: höchste Flexibilität. Bauteile können unabhängig von ihrer Herkunft neu kombiniert und ausgewertet werden. Dafür verfügen BIM-Level 3-Plattformen über offene Programmierschnittstellen (APIs). Der Bauwerkslebenszyklus wird mit BIM-Level 3 erstmals durch einen komplett durchgängigen digitalen Datenfluss unterstützt. Open BIM-Workflows mit filebasierten Datenformaten wie IFC werden weiterhin unterstützt, ein herstellerübergreifender Datenaustausch von Informationen ist für die Planungsbeteiligten zusätzlich über direkte Schnittstellen ihrer Softwarelösungen zur BIM-Datenbank möglich.

4. Diversität bei nationalen Anpassungen berücksichtigen

In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene Industrienationen intensiv mit der BIM-Methode und damit auch mit der Definition der BIM-Levels auseinandergesetzt. Neben Großbritannien waren dies die skandinavischen Länder sowie die USA und Japan. Großbritannien gilt gemeinhin als der Vorreiter bei der landesweiten Einführung der Planungsmethode. Seit April 2016 ist dort ein full collaborative 3D BIM für öffentliche Bauten verpflichtend. Dabei müssen alle relevanten Projektinformationen und Gebäudedaten sowie nötige Dokumentationen digital vorliegen.

In Skandinavien ist BIM schon seit mehr als zehn Jahren verankert. In Dänemark ist der Einsatz der Methode seit 2013 in allen öffentlichen Bauprojekten mit einer Bausumme über 2,7 Millionen Euro verbindlich. In Finnland verlangte der größte staatliche Immobilienverwalter ebenfalls schon 2007, dass eingereichte Gebäudemodelle stets im offenen IFC-Standard zu liefern sind. Norwegen wiederum sieht BIM als grundsätzlich verpflichtend an und erlaubt nur in besonderen Ausnahmen, dass bei Projekten der öffentlichen Hand auf eine BIM-Planung verzichtet werden darf.

Nicht ganz so weit fortgeschritten erscheinen im Zusammenhang mit der Implementierung von BIM die drei großen europäischen Wirtschaftsnationen Deutschland, Frankreich und Italien. Doch gibt es in allen drei Ländern bereits nationale Initiativen, die Handreichungen, Stufenpläne und Richtlinien erarbeiten. Arbeitsgruppen, interdisziplinäre Gremien oder nationale BIM Task Groups entwickeln rechtliche und technische Rahmenbedingungen, die sich am British Standard orientieren, dabei aber nationale Besonderheiten aufweisen.

Deutschland, Österreich und die Schweiz nehmen eine Sonderrolle ein, die durch ihre historisch bedingte Diversität im Baubereich begründet ist. Im Vergleich zu Großbritannien, Frankreich oder den Niederlanden ist das Leistungsbild des planenden Architekten in diesen Ländern deutlich weiter gefasst. Im deutschsprachigen Raum ist es durchaus üblich, dass ein Architekt nach erteilter Baugenehmigung sein Projekt bis zur Schlüsselübergabe an den Bauherrn begleitet und koordiniert oder als Generalplaner bei Großprojekten ebenso verschiedene Fachplanungen verantwortet. Dieser Umstand erfordert einen BIM- Arbeitsprozess, der individuell und nicht 1:1 von anderen Ländern oder Regionen abzuleiten ist.

Eine gemeinsame Studie von Allplan und dem UK Institute of Civil Engineers (ICE) aus dem Jahr 2019 zeigt, dass viele Bauingenieure BIM für ihre Arbeit für relevant halten. Die Hälfte der 241 Befragten sehen mangelndes Bewusstsein und Verständnis für BIM als Hindernis für die Anwendung in ihrem Unternehmen. Die Befragten gaben an, dass sie unvollständige Daten von anderen Planungsbeteiligten, Planungsänderungen sowie den Datenaustausch zwischen Projektbeteiligten als die häufigsten Fehlerquellen in Planungsprojekten sehen.

5. Normen und Regelwerke sinnvoll ergänzen

Normen und Regelwerke sind notwendig – wenngleich sie nicht dazu dienen sollen, planerische Freiheiten einzuschränken. Das gilt genauso für die Normung der digitalen Planung mit BIM. Zur Unterstützung der Arbeit mit BIM liegen nationale Richtlinien wie die VDI 2552 oder die Ende März 2019 veröffentlichte DIN SPEC 91391 vor.

International wird die Arbeitsweise mit BIM u. a. in der ISO 19650 beschrieben. Die ISO 19650 leitet sich ab aus dem British BIM Standard BS/PAS 1192 (in dem unter anderem die BIM-Level formuliert werden). Die ISO 19650 umfasst das gesamte Informationsmanagement und ist über den Lebenszyklus eines Gebäudes anwendbar. Dabei bezieht sich die ISO 19650 in den vorliegenden Teilen 1 und 2 auf Informationen und Informationsmanagement und nicht etwa auf die Erfassungswege und die Qualität der übermittelten Informationen sowie die dahinterstehende Technologie.

Die ISO 19650, Teil 1, definiert vorrangig die mit BIM verbundenen Fachtermini und schafft erstmals Klarheit bei vielen vormals unscharfen Begriffen. Nötig war das allemal, will man doch auf internationaler Ebene in den kommenden Jahren eine einheitliche und allgemeinverbindliche Sprache finden. Teil 2 der ISO 19650 ist der eher praktisch orientierte Teil der Norm und beschreibt die Abläufe in den Phasen Planen und Bauen. Das geschieht abstrakt und kann daher als Standardprozessbeschreibung für das Vorgehen in BIM-Projekten genutzt werden.

6. DIN SPEC 91391 – Gemeinsame Datenumgebung in BIM-Workflows nutzen

Im Rahmen der BIM-basierten Planung gewinnt die gemeinsame Datenumgebung, auch Common Data Environment (CDE) genannt, immer stärker an Bedeutung und gilt als Schlüssel für mehr Effizienz beim Planen, Bauen und Betreiben von Bauwerken. Die im März 2019 erschienene DIN SPEC 91391 definiert erstmals eine Leistungsbeschreibung für klassische Projekträume, wie sie bei dokumentenbasierten Bauprojekten bereits eingesetzt werden. Sie fokussiert auf Plattformen, die lediglich den dateibasierten Datenaustausch (BIM-Level 2) unterstützen, gibt aber auch Ausblicke auf die bereits verfügbare BIM-Level 3 Technologie.

Die DIN 91391 liegt in zwei Teilen vor: Teil 1 detailliert den Nutzen einer gemeinsamen Datenumgebung für eine modellbasierte und kollaborative Arbeitsweise im BIM-Projekt. Sie stellt die Komponenten von BIM-Level 1-Projekträumen vor und beschreibt den Funktionsumfang, der notwendig ist, um diese auch in BIM-Level 2-Projekten einsetzen zu können. Teil 2 legt das Konzept einer offenen Schnittstelle zum Daten- und Informationsaustausch zwischen verschiedenen CDEs vor. Ziel ist ein verlustfreier Daten- und Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Plattformen, die während des gesamten Gebäudelebenszyklus zum Einsatz kommen.

Die beschriebenen Grundprinzipien einer openCDE-Schnittstelle sollen von einer internationalen Arbeitsgruppe unter Führung von buildingSMART International weiterentwickelt werden. Da die DIN SPEC 91391 im Teil 1 nur einen dateibasierten Ansatz (siehe 7.) der Informations- und Datenverwaltung beschreibt, betrachtet sie openCDE noch auf BIM-Level 2-Ebene und damit nicht datenbankbasiert.
Eine Fortschreibung der Anforderungen an offene CDE-Schnittstellen ist also zu erwarten, damit in Zukunft auch innovative BIM-Level 3-Technologien an klassische Projekträume angebunden werden können.

7. BIM-Level 3 schon heute nutzen

Allplan hat mit seiner offen cloudbasierten BIM-Plattform Allplan Bimplus ein Werkzeug entwickelt, das im Bereich des Modellmanagements bereits heute alle Anforderungen an BIM-Level 3 erfüllt. Technologische Grundlage der Plattform bildet eine zentrale Datenbank, mit der Geometrie und alphanumerische Informationen aller Bauwerkskomponenten verwaltet und zu einem Koordinationsmodell konsolidiert werden können. Das ermöglicht performantes und dynamisches Datenmanagement für transparente und reibungslose BIM-Prozesse – auch bei großen und hochattribuierten BIM-Modellen.

Allplan Bimplus sprengt die Grenzen dateibasierter Projekträume und bietet damit schon heute die Zukunftstechnologie für die Verknüpfung und das professionelle Management von Bauwerksinformationen über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Seine offene API stellt zudem sicher, dass es in beliebige Systemlandschaften integriert werden kann. Für die Nutzung ist neben einem Internetbrowser keine spezielle Software notwendig. Das spart Administrationsaufwand und bietet für alle Projektbeteiligten einen barrierefreien Zugang zu den Modellinformationen, unabhängig vom genutzten Betriebssystem oder Endgerät.

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Bilder
Allplan Bimplus Clash Detection, Bild: Allplan
Allplan Bimplus Project Navigation, Bild: Allplan
Allplan Bimplus Taskboard, Bild: Allplan
© Allplan
Autoren

Stefan Kaufmann durchlief nach seinem Studium der Architektur mit Fokus auf BIM verschiedene Stationen im Laufe seiner akademischen Karriere an der TU München und als Geschäftsführer des Leonhard Obermeyer Centers (LOC). Seit 2018 ist Stefan Kaufmann im Produktmanagement der Allplan GmbH tätig. Er ist Mitglied des Advisory Board der buildingSMART e. V. (Bild: Rainer Wolfsfellner) allplan.com


Thomas Müller startete direkt nach dem Studium der Mathematik an der Universität Regensburg 1998 seine berufliche Karriere bei der Allplan GmbH als Software-Entwickler im Bereich Schnittstellen. Nach mehreren Jahren als Projektleiter für die Implementierung der
IFC-Schnittstelle wechselte er 2014 ins Produktmanagement, wo er seit 2018 als Product Manager Interoperability für die Themen rund um openBIM-Workflows zuständig ist. Dazu ist er in zahlreichen nationalen und internationalen Arbeitsgruppen aktiv und auch in engem Kontakt zu den Kunden. allplan.com

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