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21.05.2021 | Till Kemper

Die neue HOAI 2021

BIM & Recht, Teil 17

Gestaltungsmöglichkeiten für die Honorierung von BIM-Leistungen

Seit dem 1. Januar 2021 ist die neue HOAI 2021 in Kraft. Eine Generalüberholung der HOAI in Sachen BIM fand nicht statt; BIM findet sich weiterhin nur als Besondere Leistung in der Leistungsphase 2 zur Objektüberwachung (Anlage 10). Dies mag aber nicht verwundern, weil es weiterhin keine einheitlichen Bezeichnungen für die Leistungsbilder gibt. Jedoch ist der Zwang des Preisrechtes entfallen: die Honorarsätze dienen nun nur noch als Orientierungswerte. Die eigentliche Musik spielt aber in der klaren Unterscheidung und dem Ausbau der Nachtragsmöglichkeiten.

Kurze Historie

Am 4. Juli 2019 entschied der EuGH (Rs. C 377/17), dass die HOAI wegen ihres starken Inlandsbezugs sowie der Festsetzung von Höchst- und Mindestsätzen europarechtswidrig sei. Daraufhin wurden die Mühlen der Gesetzgebung angeworfen. Ausfluss dessen war die HOAI 2021. Mit der Novellierung wurden der Zwang des Preisrechts aufgeweicht, Verbraucherschutzelemente aufgenommen und der Inlandsbezug aufgegeben.

Regelung zum Modell Grundleistung

Ausweislich § 1 und 2a HOAI sind nunmehr der Basissatz (ehemals Mindestsatz) und der höhere Honorarsatz Orientierungswerte. Wurde nichts anderes vereinbart, gelten für die Grundleistungen die Basissätze, § 7 Abs. 1 HOAI. Zum Verbraucherschutz muss der Architekt/Ingenieur in Textform den Verbraucher vor Vertragsschluss darauf hinweisen, dass eine Abweichung von den Orientierungswerten der HOAI vorliegt. Wurde dieser Hinweis nicht ausreichend erteilt, ist eine eventuelle Vergütungsvereinbarung unwirksam, und es gilt der Basissatz.

Zwischen Unternehmen oder mit der öffentlichen Hand dürfen nun aber zu jeder Zeit abweichende Honorarvereinbarungen geschlossen werden; dabei genügt ab dem 1. Januar 2021 die Textform (also Email oder Kommunikation über die CDE). Früher musste eine Vereinbarung in Schriftform, die eine eigenhändige Unterschrift aufweist, erstellt werden, und dies zwangsweise vor Auftragserteilung, also vor der Erbringung von honorarpflichtigen Leistungen. Diese Abgrenzungsprobleme, etwa bzgl. der Akquise-Leistungen zu vergütungspflichtigen Leistungen, haben viele Rechtsstreitigkeiten ausgelöst.

Die Honorare für besondere Leistungen sind weiterhin frei verhandelbar.

Die eigentliche Musik spielt in den Nachtragsvorschriften

Neben der neuen HOAI gilt auch das neue Bauvertragsrecht, das seit 1. Januar 2018 in Kraft ist, und hier gelten besonders die Vorschriften für den Planervertrag. Über § 15 HOAI i. V. m. § 650q Abs. 2 BGB wird klargestellt, dass die Anordnungsrechte nach § 650b BGB für den Bauherrn uneingeschränkt auch für Planerverträge gelten. Sofern Anordnungsrechte nach § 650b BGB vom Auftraggeber ausgeübt werden, stellt sich die Frage nach der Nachtragsvergütung. Diese ist für Grundleistungen, soweit sie nach den Orientierungswerten vergütet werden sollen, in § 10 HOAI und sonst nach § 650q Abs. 2 BGB in § 650c BGB geregelt.

§ 650c BGB regelt, dass die Höhe der Nachtragsvergütung nach den tatsächlich erforderlichen Kosten des vermehrten oder verminderten Aufwands mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu ermitteln ist. Der Unternehmer kann aber zur Berechnung der Vergütung für den Nachtrag auf die Ansätze in einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation zurückgreifen. Es wird vermutet, dass die auf Basis der Urkalkulation fortgeschriebene Vergütung der Vergütung nach Absatz 1 entspricht.

Hieraus ergibt sich nun:

Finden Nachträge für Grundleistungen statt und wurde das Basishonorar angewandt, gelten die normalen Fortschreibungen über die anrechenbaren Kosten usw. Die abschließenden anrechenbaren Kosten für ein Bauvorhaben stehen erst bei Abnahme fest, so dass dort die Planernachträge drohen.

Wurde die Vergütung in Abweichung vom Basishonorarsatz vereinbart, gilt das BGB-Nachtragsrecht. Wird eine Änderungsanordnung zu einem Planungsziel oder dem Leistungsumfang gegeben, so besteht eine 30-Tage-Stillhaltefrist, um ein Angebot zu legen und über den Preis für diese Nachtragsleistung zu verhandeln.

Wurde die HOAI nicht vereinbart (s. § 650c BGB), wäre die Urkalkulation maßgeblich, die vertraglich vereinbart hinterlegt worden ist. Hierzu bedarf es zwingend der Vorlage einer Urkalkulation durch den Auftragnehmer sowie einer vertraglich vereinbarten Hinterlegung. Liegt diese nicht vor, sind nach § 650c Abs. 1 BGB vom Auftragnehmer die tatsächlich erforderlichen Kosten für die geänderte Leistung darzulegen und zzgl. der üblichen Aufschläge für AGK, BGK und WuG mitzuteilen. Nach einhelliger Meinung sind die tatsächlich erforderlichen Kosten nicht die Angebotskalkulationskosten. Vielmehr wären die jeweiligen Personalkosten, Materialkosten, Fahrtkosten usw. für den Ist- in Abgrenzung zum Soll-Zustand darzulegen.

Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, sich als Planer und insbesondere als BIM-Dienstleister im Planungsgeschehen über Kalkulationssätze Gedanken zu machen. Denn andernfalls wird die Preisfortschreibung bei Nachträgen nahezu unmöglich. Werden also Leistungen, wie z. B. Erstellung von BIM-Modellen, 3-D-Scanning oder Nachmodellierung von Bauteilen usw. in der Angebotsphase abgefragt, sind die Subunternehmer-Angebote nebst Generalplaner-/Koordinationszuschlag auszuweisen.

Im Übrigen bietet es sich an, Stunden- und Tagessätze für die jeweiligen Mitarbeiter und Positionen/Beiträge wie projektleitender Architekt/Ingenieur, Modellierer usw. in die Kalkulation aufzunehmen und die üblichen Planungsaufwände mit Stunden zu hinterlegen. So können Sie als BIM-Modellierer eine nachvollziehbare Kalkulation aufbauen und im Nachtragsfall die Preise entsprechend vorgeben.

Ungeachtet dessen bietet sich eine solche Kalkulation und detailliertere Ausweisung von Stunden- und Tagessätzen insgesamt an. Besondere Leistungen sind weiterhin frei vereinbar. Nach dem Fall des Zwangs zur Anwendung der Honorarsätze ist es darüber hinaus nicht mehr erforderlich, Pauschalen festzulegen. Auch können die Pauschalen dezidierter ausdefiniert werden, bspw. indem die Anzahl der zu erstellenden Varianten oder die Anzahl der teilzunehmenden Planungssitzungen, Behördenbesprechungen usw. festgelegt wird. So können Sie sich, losgelöst von den üblichen Leistungsphasen- und Prozentsätzen, versichern, dass eine leistungsadäquate Vergütung erfolgt und der Kopflastigkeit von BIM-Planungen Rechnung getragen wird.

Ausblick

Voraussichtlich wird sich bei öffentlichen Vergaben zunächst weiterhin an den Basissätzen orientiert. Nichtsdestotrotz gehen auch bei öffentlichen Auftraggebern die Vergaben von BIM-Planungsleistungen vielfach mit einer Fülle von besonderen Leistungen einher, bspw. der gewerkeübergreifenden Koordination, gemeinsamen Aufmaße usw. Folglich wird es auch hier erforderlich, die Tages- und Stundensätze genauer belegen zu können, um auch im Preiskampf mit den Mitbewerbern bestehen zu können.

Wichtig hierbei ist zu betonen, dass es nicht um das Schüren eines neuen Nachtragskrieges an der Planerfront geht. Vielmehr geht es darum, auch für Planer eine leistungsadäquate Vergütung, insbesondere in zeitlicher Hinsicht, zu schaffen. Die Kooperationspflicht bedeutet nicht, auf Vergütung zu verzichten. Vielmehr sollen sich im Rahmen der Kooperation Auftraggeber und Auftragnehmer über eine leistungsadäquate Vergütung verständigen.

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Autor

Dr. Till Kemper M. A. ist als Rechtsanwalt bei HFK Rechtanwälte und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Vergabe- und Verwaltungsrecht spezialisiert auf die Implementierung von BIM, Lean Construction und Smart-Living-Lösungen in der Projektentwicklung. (Bild: privat). hfk.de

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