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05.04.2022 | Nijanthan Mohan, Fabian Theis, Miguel Ebbers, Rolf Groß

Design-Build-Verfahren aus Sicht der TGA

Wie können klare Verantwortlichkeiten und die konsequente Anwendung der BIM-Methodik helfen, Planungs- und Bauleistungen besser ineinander zu integrieren?

Das Design-Build-Verfahren, bei dem das Planen und Bauen an einen Auftragnehmer vergeben wird, hat in Deutschland einen schweren Stand. Im Prinzip wird der traditionellen Vorgehensweise, bei der Planer und ausführende Firma getrennt sind, eher zugetraut, hochwertige und ästhetische Entwürfe zu erstellen und umzusetzen, da die Entwürfe nicht durch den ausführenden Unternehmer beeinträchtigt werden.

Bei entwurfstechnisch anspruchsvollen Aufgaben, insbesondere in der architektonischen Ausgestaltung, mag das durchaus zutreffen. Bei sehr einfachen Ausführungen, zum Beispiel Parkhäusern, Lager- und Logistikhallen, hat sich der Design-Build-Verfahren-Ansatz aufgrund der erhofften Kosten- und Zeitersparnis allerdings bereits stärker durchgesetzt.

In diesem Artikel wird der Frage nachgegangen, ob der Ansatz der Design-Build-Verfahren auf die Leistungen in der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) anzuwenden ist. Der Fokus liegt nicht auf rechtlichen Regelungen zwischen Bauherren und TGA-Planern/Bauausführenden, sondern inwieweit neue Methodiken, wie Building Information Modeling (BIM) und klare Verantwortlichkeiten mittels der RACI-Matrix diesen Ansatz unterstützen und einen Fortschritt erzielen können.

Warum überhaupt über Design-Build- Ansätze in der TGA nachdenken?

In aller Regel obliegt die TGA nicht so starken ästhetischen Anforderungen wie die Architektur bzw. die Konstruktion. Die technische Ausrüstung der Gebäude ist per se funktional ausgerichtet. Allerdings kommt es derzeit bei den meisten Bauprojekten beim Übergang der Planung in die Montagephase zu erheblichen Störungen. Unter der Voraussetzung, dass in Zukunft die BIM-Methodik über alle Leistungsphasen in allen größeren Bauvorhaben Anwendung findet, ergeben sich insbesondere dann Probleme, wenn die Anpassung bzw. Fortschreibung der BIM-Modelle im Zuge der Vergabe nicht ordnungsgemäß ausgeführt wird. Dies führt zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den TGA-Planern und den ausführenden Unternehmen beim Übergang in die Bauausführung.

Weitere Gründe für spätere Störungen im Bauablauf sind Verluste beim Informationsaustausch von der Planung in die Bauausführung, unkontrollierte oder nicht geprüfte BIM-Modelle und Planableitungen und daraus resultierende Kollisionen und falsche Systemdimensionierungen. Durch die mangelnde Kommunikation zwischen Planung und Ausführung kommt es zuweilen zu schwer realisierbaren Planungen und noch nicht abgeschlossenen Ausführungsplanungen bzw. sich noch ändernden Ausführungen nach Vergabe. Dies führt zu einem Bruch zwischen der Planung und der Ausführung und belastet die Beziehungen zwischen Planern und Ausführenden. Die BIM-Modelle werden dann oftmals nicht im Sinne der BIM-Methodik fortgeführt, sondern neue Werk- und Montagemodelle erstellt. Diese weichen aufgrund der oben angeführten Gründe von den Modellen der Ausführungsplanung ab. In der Folge ergeben sich im Verlauf des Bauvorhabens in aller Regel zusätzliche Kosten durch eventuell Änderungsarbeit und Anpassungen der Basismodelle, zum Beispiel bei genehmigungsrelevanten Änderungen, Abstimmungsproblemen aufgrund verschiedener Modellstände, Nachforderungen und Behinderungen aufgrund der beschriebenen Verluste beim Informationsaustausch. Alle diese Punkte treten in der oftmals kritischen Zeit der startenden Bauausführung auf, was zu einem extremen Druck auf die Sicherstellung der Qualität und der rechtzeitigen Ausführung führt.

Aus Sicht des Bauherrn/Auftraggebers hat dies eine Verzögerung der Fertigstellung des Bauprojekts zur Konsequenz und bringt unerwünschte Mehrkosten in Form von zusätzlichen Verhandlungs- und Koordinationssitzungen im Rahmen des Change- und Claim-Managements von Bauprojekten mit sich.

Die obigen Aussagen lassen sich unter anderem auch durch den zunehmenden Trend bei der Anwendung des SCAN2BIM-Verfahrens während der Bauausführung und zur Entwicklung von As-Built-Modellen für Revisionsunterlagen bekräftigen. Diese Verfahren wären bei einem gelungenen Übergang der Planung zur Bauausführung und klarer Verantwortlichkeiten sowie dem konsequenten Anwenden der BIM-Methodik obsolet.

Veränderte Organisation und Verantwortlichkeiten

In diesem Artikel wird wie schon kurz angedeutet, bewusst nicht auf die rechtlichen Aspekte und verschiedenen Modelle im Design-Build-Verfahren eingegangen; es wird eher versucht, die Verantwortlichkeiten mittels einer RACI-Matrix und die Vorzüge der BIM-Methodik in dem Verfahren herauszuarbeiten. Daher wird im weiteren Verlauf von den üblichen Protogonisten in einem Bauvorhaben auf der TGA-Seite ausgegangen: der Bauherr/Auftraggeber, TGA-Planer und das ausführende Unternehmen (auf die speziellen Belange der Architektur wird nicht eingegangen). Wie bei der traditionellen Vorgehensweise wird eine sequentielle Bearbeitung des Bauprojekts in Ansatz gebracht, das heißt der TGA-Planer plant, der Bauherr vergibt mit Unterstützung des TGA-Planers den Auftrag und der Ausführende führt die Arbeiten aus. Beim Design-Build-Verfahren wird ebenfalls von separaten Planungsbüros und Auftragnehmern ohne einen Generalunternehmer ausgegangen.

Der TGA-Planer bildet allerdings ein „Joint-Venture“ mit dem Ausführendem für das Bauvorhaben, damit dieser die Erkenntnisse und Abläufe der Ausführung in den Planungsprozess beratend einbringt, was zu einer vollständigen direkten Verantwortlichkeit für die Ausführung zwischen den Beteiligten des Projekts beiträgt. Auf diese Weise kann der Value-Engineering-Workflow durchgeführt werden, der eine systematische Anwendung anerkannter Methoden durch ein multidisziplinäres Team ermöglicht, einen Wert für diese Leistung ermittelt und die erforderliche Leistung unter Berücksichtigung der niedrigsten Gesamtkosten zuverlässig erbringt. Somit kann der Ausführende dem Planer Lösungen für die technische Gebäudeausrüstung vorschlagen, bevor die Ausführungsplanung abgeschlossen ist. Das Design-Build-Verfahren bringt somit die Planer und Ausführenden früh im Prozess zusammen, um Probleme frühzeitig zu identifizieren und anzugehen. Dies sollte die aufgeführten Konflikte im Übergang der Planung zur Bauausführung vermindern und eine Werk- und Montageplanung kann direkt auf der Ausführungsplanung und deren BIM-Modellen aufbauen. Im Umkehrschluss dürften Nachträge weniger die Regel sein und der Bauherr wird bei aufkommenden Problemen nicht direkt zwischen dem TGA-Planer und Ausführenden gestellt.

RACI-Matrix – Design-Build-Verfahren unter Anwendung der BIM-Methodik

Zur klaren Definition der Verantwortlichkeiten und Aufgaben wird eine RACI-Matrix für die Entwicklung des BIM-Modells in den verschiedenen Phasen eines Bauprojekts entwickelt. Sie zeigt, wer für die Erledigung der Aufgaben verantwortlich (Responsible) ist, wer diese genehmigt (Accountable), wer konsultiert (Consulted) und wer informiert (Informed) werden muss. Diese Matrix ist nachfolgend auf ein BIM-Modell einer einzelnen Fachdisziplin in der Technischen Gebäudeausrüstung beschränkt.

Die RACI-Matrix für die Aufgaben auf der Grundlage der Projektphasen nach Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist in der Abbildung rechts dargestellt. Wie bereits erwähnt, werden die Auftragnehmer bereits vor der Fertigstellung der kompletten Systemplanung beratend hinzugezogen, anstatt erst nach der Auftragsvergabe direkt in die Bauphase einzusteigen.

Macht das Design-Build-Verfahren für die TGA tatsächlich Sinn?

Die anfangs beschriebenen Probleme beim Übergang von der Planung in die Bauphase, bzw. der Weitergabe von Informationen zwischen den Leistungsphasen, sind nicht von der Hand zu weisen. Die BIM-Methodik unterstützt den Übergang zwischen der Planungs- und Bauphase, allerdings sind aufgrund fehlender Kenntnisse und in Teilen technologischer Hürden zum Harmonisieren der BIM-Modelle zwischen den Protagonisten der BIM-Methodik im „IST“ Grenzen gesetzt. Vom Einsatz von BIM für das gesamte Lebenszyklusmanagement eines Gebäudes, angefangen von der Planungs- und Bauphase bis hin zum Betrieb ganz zu schweigen. Ein reibungsloser Übergang in die Bauphase ist auch mit dem Hinzuziehen von BIM-Beratern und dem Aufstellen und Implementieren von Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungsplänen (BAP) aufgrund der Schnittstellenproblematik schwer umzusetzen.

Die Gedanken des Design-Build-Ansatzes sollten daher in die Projekte einfließen. Ob, wie beschrieben, ein Joint-Venture zwischen den Planern und Ausführenden der Erfolgsfaktor ist, sei dahingestellt. Wichtig sind eine frühe Integration des potenziell zukünftigen Ausführenden und eine klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten und Aufgaben (siehe beispielhafte RACI-Matrix). Die frühe Integration der Ausführenden erweitert das Know-how in der Planung und schützt den Auftraggeber vor Nachträgen. Darüber hinaus werden technologische Fragen wie Verwendung von Software Tools/Anwendungen und Prozesse im Zusammenhang mit der BIM-Methodik frühzeitig geklärt und nicht nach Vergabe des Auftrags ausgearbeitet.

Das Design-Build-Verfahren kann die geplante Projektlaufzeit beschleunigen oder beibehalten, da wertvolle Zeit gespart werden kann, indem Änderungen vermieden werden, die die Ausführung und die damit verbundenen Verhandlungen beeinträchtigen. Darüber hinaus ermöglicht es eine engere Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten durch einen transparenten Informationsaustausch und die volle Verantwortlichkeit für die durchgeführten Leistungen.Das reduziert deutlich die Risiken für die Bauherren. Es kann sich aber auch negativ auswirken, da das ausführende Unternehmen nun ein Mitspracherecht bei Designentscheidungen hat, was auch von TGA-Planern nicht unbedingt positiv aufgenommen wird.

Ob ein Design-Build-Verfahren in Gänze die Probleme des Übergangs von der Planungs- in die Bauphase löst, ohne andere aufzuwerfen, kann nicht abschließend geklärt werden. Was aber gesichert festgestellt werden kann, sind die Vorzüge einer frühzeitigen Integration der Bauausführenden in die Planung, und sei es nur beratend. Nur so lassen sich Konflikte im Übergang zur Bauphase zwischen den Beteiligten vermeiden und das Value Engineering kann frühzeitig in die Planungen einfließen.

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Bilder
© artefacti/stock.adobe.com
Autoren

Nijanthan Mohan (M. Sc.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fachhochschule Aachen. Dort wirkt er im Fachbereich Bauingenieurwesen beim Studiengang Smart Building Engineering. fh-aachen.de


Dr. rer. Pol. Fabian Theis ist Geschäftsführer der Wilhelm Theis GmbH, Realisierung und Wartung komplexer Projekte im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung. theis-gmbh.de


Miguel Ebbers (M. A. Arch., M. Sc.) ist Leiter des Kompetenzzentrum Digitalisierung / BIM der M&P Braunschweig und Leiter Beratung Facility Management der M&P Braunschweig Niederlassung Düsseldorf. mp-gruppe.de



Prof. Dr.-Ing. Rolf Groß ist Professor für Versorgungstechnischen Anlagenbau und TGA im Fachbereich Bauingenieurwesen an der FH Aachen im Studiengang Smart Building Engineering (SBE) und Direktor des Institute of Smart Building Engineering (ISBE).
fh-aachen.de/menschen/rgross

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