Eduard Dischke
Wer mit BIM plant, muss Verträge schließen – und kommt schnell ins Grübeln: Gibt es einen Muster-BIM-Vertrag? Unterscheidet sich ein BIM-Projektvertrag von herkömmlichen Bauverträgen? Welche Besonderheiten gibt es – und wo liegen Stolpersteine?
Beim Planen und Bauen unter Einsatz der BIM-Planungsmethode werden die vertraglichen Leistungspflichten des Planers um BIM-Komponenten ergänzt. Der BIM-Planungsprozess wartet hierbei mit Besonderheiten auf, die der vertraglichen Umsetzung bedürfen. In aller Regel geschieht dies durch Ergänzung konventioneller Planer- und Bauverträge.
Durch die Besonderheiten beim Planen und Bauen mit BIM ist in einzelnen Bereichen besonderes Fachwissen gefragt. Dies führt zur Einbeziehung von weiteren, bislang im Bauprozess noch nicht bekannten Tätigkeitsfeldern. Zu nennen sind hier insbesondere folgende Leistungen:
- BIM-Beratung
- BIM-Management
- BIM-Koordination
- BIM-Modellbau
- BIM-Qualitätskontrolle
Für diese Leistungsbereiche können einerseits die vom bisherigen (konventionellen) Bauen bekannten Projektteilnehmer eingesetzt werden. So kann z.B. das BIM-Modell beim Objektplaner Gebäude in Auftrag gegeben werden.
Durch die besonderen und neuen Anforderungen können aber andererseits auch bislang noch nicht bekannte Projektbeteiligte hinzutreten, die ein eigenständiges Tätigkeitsgebiet abdecken. Das sind u. a. der BIM-Manager und der BIM-Koordinator.
Die BIM-Leistungen sollten hierbei nicht personenbezogen betrachtet werden, sondern aufgabenbezogen. Je nach ohnehin beauftragter Leistung wird dann z.B. die jeweilige BIM-Komponente im Planervertrag, im Projektsteuerungsvertrag oder im Bauwerksvertrag verankert.
Nimmt man z. B. den Einsatz eines Generalunternehmers, der neben der schlüsselfertigen Errichtung eines Gebäudes die Planungsleistungen ab der Genehmigungsplanung einschließlich der Erstellung und Übergabe eines Gebäudemodells zum Gebäudebetrieb übernimmt, so liegt der BIM-Planungsprozess mit allen BIM-typischen Leistungen beim Bauunternehmer, einschließlich der Koordination der BIM-Planungsinhalte aus der Planung.
BIM mit Einzel- oder Mehrparteienverträgen?
Aus Großbritannien wurde der Ansatz übernommen, die Planungs- und BIM-Pflichten der Projektbeteiligten in einem einheitlichen Vertragswerk niederzulegen. Dabei unterzeichnen alle Projektbeteiligten nur noch einen Mehrparteienvertrag, der die Rechte und Pflichten aller regelt. Dieser Ansatz kann zu einem besonders partnerschaftlichen Umgang der Beteiligten untereinander führen.
In Deutschland haben sich Mehrparteienverträge bislang aber nicht durchgesetzt. Grund hierfür ist u. a., dass bei den meisten Projekten in zeitlicher Reihenfolge zunächst der Projektsteuerer, dann der Objektplaner, die Fachplaner und dann die bauausführenden Unternehmen gefunden und beauftragt werden. Wegen der zum Teil jahrelangen Vorlaufphase werden die Bauunternehmen in der Regel erst sehr spät in die Projekte mit einbezogen. Außerdem wird der Wettbewerb ausgeschaltet, sodass zu erwarten ist, dass es für Deutschland überwiegend beim Einsatz von Einzelverträgen verbleiben wird.
Wie werden BIM-Ziele und -Anwendungsfälle definiert?
Eine projektspezifische Definition der BIM-Anforderungen kann erst nach Identifizierung der BIM-Ziele und BIM-Anwendungsfälle erfolgen. Das Ergebnis dieser projektbezogenen BIM-Definition stellt die Grundlage für die BIM-Komponenten in den verschiedenen Leistungen dar. Die Definition der BIM-Ziele und -Anwendungsfälle erfolgt in der Regel über ein BIM-Pflichtenheft oder BIM-Projekthandbuch.
Eine Standardform für BIM-Projektverträge gibt es (noch) nicht. Derzeit wird überwiegend der Ansatz verfolgt, neben dem eigentlichen Vertrag (Planer- oder Bauvertrag) die BIM-Pflichten in untergeordneten Vertragsbestandteilen niederzulegen. Das sind z. B.:
- BIM-Abwicklungsplan (BAP)
- BIM-spezifische Vertragsbestimmungen (BIM-BVB)
- BIM-Leistungsbilder
- BIM-Pflichtenheft usw.
Dieser kaskadenhafte Regelungsaufbau hat den Nachteil, dass mit der Anzahl der in verschiedenen Dokumenten niedergelegten Vertragsbestandteile auch die Anzahl der Widersprüche und Vertragslücken proportional zunimmt. Eine Vielzahl von Vertragsdokumenten führt eben dazu, dass diese nicht immer aufeinander abgestimmt sind, sondern nach dem Motto viel hilft viel zusammengefügt werden. Dem Erfolg des BIM-Projekts ist eine solche Herangehensweise natürlich nicht zuträglich.
Bei BIM-Projekten sollte daher stets versucht werden, durch eine möglichst geringe Anzahl von Vertragsbestandteilen das Aufkommen von Widersprüchen und Unklarheiten zu vermeiden. Die Reihenfolge der Vertragsbestandteile lässt sich unter dieser Maßgabe dann etwa wie folgt regeln:
Planervertrag
Es gelten, bei Widersprüchen in der nachstehenden Geltungsreihenfolge:
- die Regelungen dieses Vertrages
- das detaillierte Leistungsbild mit BIM-spezifischen Inhalten
- das BIM-Pflichtenheft
GU-Vertrag oder Einzelgewerkvertrag
Es gelten, bei Widersprüchen in der nachstehenden Geltungsreihenfolge:
- die Regelungen dieses Vertrages
- die Leistungsbeschreibung (funktional oder detailliert) mit BIM-Anforderungen
- das BIM-Pflichtenheft
Wie werden die Verantwortlichkeiten im BIM-Projekt geregelt?
Im Rahmen der spezifischen Vertragsgestaltung gilt es ein besonderes Augenmerk auf die Regelung der Verantwortlichkeiten für die BIM-Leistungen zu legen. Da auch im BIM-Projekt die Erstellung eines Bauwerks geschuldet wird, bestimmt sich die Haftung des mit BIM-Leistungen beauftragten Planers nach den gesetzlichen, im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) enthaltenen Vorschriften zum Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB). Hieraus folgt eine Haftung auf Vollständigkeit, Vertragsgemäßheit, Mängelfreiheit und insbesondere Funktionstauglichkeit auch der im Planungsprozess erstellten Daten und Modelle. Auch hat der werkvertragliche Auftragnehmer sicher zu stellen, dass die im Rahmen des Auftrags an den Auftraggeber übergebenen Daten frei von Rechten Dritter sind.
BIM-spezifisch ist daher im Vertrag im Einzelnen zu regeln:
- die Beschaffenheit des Modells
- der Grad der Detaillierung
- die Art der Datenübertragung,
- wer wann welche Arbeiten am Datenmodell vornimmt (Bestimmung von Zugriffs-, Nutzungs- und Änderungsrechten)
- an wen Datensätze zu übergeben sind
- die Prüf- und Hinweispflichten der Beteiligten
- wann die Projektbeteiligen von einer Endgültigkeit der Datensätze für die weitere Fortentwicklung des Modells ausgehen dürfen (Festlegen von Milestones, Freigaben)
- Schutz des geistigen Eigentums vor zweckwidriger Verwendung durch Projektbeteiligte oder Dritte
Fazit
Insgesamt lässt sich sagen, dass es den einen Muster-BIM-Vertrag nicht gibt und vielleicht auch gar nicht geben kann. Vielmehr bedarf es einer individuellen, an den Bedürfnissen des jeweiligen Vorhabens angepassten Vertragsgestaltung, um das BIM-Projekt zum (auch rechtlich konfliktfreien) Erfolg zu führen.