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10.06.2021 | Rainer Sailer

BIM ist Chefsache

BIM & Change Management

Ob die Einführung von BIM in einem Unternehmen gelingt, hängt wesentlich von der Chefetage ab. Der Chef muss BIM verstehen – und seine Mitarbeiter in die Prozesse einbeziehen.


BIM etabliert sich immer mehr als bundesweiter Standard. Die europäische Kommission empfiehlt BIM, und auch im Ausland hat die Methode bereits eine hohe Präsenz. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist BIM daher Pflicht. Bei der Einführung im eigenen Unternehmen ist es erfolgskritisch, auf der Chefetage sowohl das entsprechende Verständnis zu schaffen als auch eine Strategie auszuarbeiten und die Mitarbeiter miteinzubeziehen, denn BIM verändert die bestehenden Prozesse grundlegend.

Langfristig denken und Prozesse überarbeiten

Um von der Vielzahl an Vorteilen wie beispielsweise den effizienteren Arbeitsabläufen, der Reduzierung von Risiken und Planungsfehlern sowie einer transparenten Kommunikation zu profitieren, muss BIM auf eine nachhaltige Art und Weise implementiert werden. Das gelingt nur, wenn der Chef eine langfristige Entscheidung für BIM trifft. Dabei sollte bedacht werden, dass die Einführung einen kontinuierlichen Veränderungsprozess auslöst – sowohl im Denken als auch Arbeiten aller Beteiligten. Diese Veränderung muss gut geplant, durchdacht und umgesetzt werden.

An erster Stelle steht dabei das Verständnis des Geschäftsführers. Nur, wenn dieser versteht, welche Auswirkungen BIM auf sein Unternehmen hat, kann identifiziert werden, was für die Implementierung erforderlich ist, welche Prozesse und Anforderungen überarbeitet werden müssen und auf welche Weise und in welchem Umfang BIM auf Projekte angewendet wird.

Beim Übergang des Zeichenbretts zu Computer-Aided Design (CAD)-Programmen beispielsweise wurden die Prozesse und Arbeitsweisen neu geordnet. Hat man vorher Pläne auf Papier gezeichnet, findet dies nun computergestützt statt. Im Gegensatz zur Einführung von BIM blieben damals allerdings die bewährten Kommunikationswege bestehen. Der Austausch der Beteiligten, die Anzahl der Meetings und die Abläufe haben sich nicht geändert. Erst im Nachgang wurden die einzelnen Planungsschritte zusammengefügt.

Bei BIM hingegen werden alle Daten von Beginn an im Modell miteinander verknüpft. Durch die neue Methode der Kollaboration werden neben den Planungsprozessen auch die arbeitsorganisatorischen Abläufe verändert. Stehen hinter diesen Veränderungen keine klare Strategie und Definition der Anforderungen, wird BIM nicht den gewünschten Effekt haben, und das Potenzial der Methode kann nicht vollständig ausgeschöpft werden.

Partizipation der Mitarbeiter als Schlüsselfaktor

Deswegen ist es von erfolgskritischer Bedeutung, die Mitarbeiter einzubeziehen und ihnen BIM näherzubringen. Grundlegende Voraussetzung ist ein Verständnis für die Modellqualität und die daraus folgenden Workflows (BIM-Usecases). Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter begreifen, dass BIM nicht nur eine 3D-Visualisierung oder ein nettes Filmchen ist, sondern eine völlig neue Arbeitsweise, die eine Vielzahl an Vorteilen und Effizienzen mit sich bringt.

Um sich auf diese Änderung einzulassen, benötigen die Mitarbeiter ein Interesse für Innovationen und auch die Motivation, sich in neue Themen und Werkzeuge einzuarbeiten. Dies gilt insbesondere für erfahrene Mitarbeiter, die aufgrund von BIM eventuell ihre seit Jahrzehnten gewohnte Arbeitsweise verändern müssen. Sind die Angestellten nicht von BIM überzeugt, wird eine erfolgreiche Einführung erheblich erschwert.

Wissen aufbauen und realistische Ziele setzen

Auch das Rollenverständnis im Unternehmen wird neu definiert. Hinzu kommen beispielsweise Rollen wie ein BIM-Koordinator, der unter anderem die projektspezifische BIM-Strategie festlegt, oder der BIM-Manager, der u. a. die Anschaffung neuer Hard- und Software plant oder die Mitarbeiterschulungen koordiniert. Dafür muss entsprechendes Know-how aufgebaut werden, indem die Mitarbeiter passende Ausbildungen erhalten. Es ist wichtig, das I in BIM, also die Daten, vollumfänglich zu verstehen, um zu wissen, was dabei gewährleistet wird. Auf diese Weise wird die nötige Basis geschaffen, um an BIM-Projekten teilzunehmen, aber auch, um die notwendigen Standards einzuhalten.

Ein weiterer zentraler Punkt bei der Einführung besteht darin, die Erwartungen an die Mitarbeiter nicht zu hoch anzusetzen. Wie bei allen Veränderungsvorhaben ist das Unternehmen zu Beginn weitaus weniger produktiv als mit der alten Software und den etablierten Prozessen. Wurden früher beispielsweise drei Tage zur Planung benötigt, sind es nun temporär fünf. Empfehlenswert ist es deswegen, Ziele zu Beginn niedriger anzusetzen, sodass die Mitarbeiter diese realistisch umsetzen können und das Frustrationslevel nicht steigt.

Nach der Startphase werden sich die Investitionskosten für die technische Ausrüstung und die Schulungen auszahlen und die Vorteile deutlich überwiegen. Wie eine Studie von McGraw Hill Construction herausgefunden hat, bestätigen 75 Prozent der weltweit befragten Bauunternehmer, dass sich BIM positiv auf das Betriebsergebnis ausgewirkt hat.

Fazit: Die richtige Strategie ist essenziell

BIM bietet eine Vielzahl an Vorteilen für das Unternehmen. Dazu zählen unter anderem eine Kosten- und Zeitreduzierung, eine höhere Transparenz und eine gesteigerte Zufriedenheit aller Beteiligten. Um von diesen Vorzügen profitieren zu können, ist es allerdings wichtig, dass auf der obersten Führungsebene eine passende Strategie ausgearbeitet wird, die die Anforderung und Rollen definiert sowie ein Schulungskonzept beinhaltet. Die Erwartungen an die Mitarbeiter sollten hierbei zu Beginn entsprechend realistisch angesetzt werden.

Außerdem sollte BIM, das in vielen Fachmagazinen als eine Art Wundermittel gegen Kostenexplosionen und Terminverzug angepriesen wird, nicht überbewertet werden. BIM ist keine Religion, sondern eine bewährte und sinnvolle Methode, um eine höhere Effizienz zu erreichen, die es lohnt, sie einzusetzen.

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Autor

Rainer Sailer ist seit 2009 Geschäftsführer Bauwesen der Mensch und Maschine Software SE. Die Digitalisierung im Bauwesen gehört seit über 35 Jahren zu seinen Schwerpunkten. Ihm ist es wichtig, eine standardisierte Ausbildung für BIM zu entwickeln. Dazu gehört aktuell das offene, kompakte Ausbildungsprojekt BIM Ready. Seine BIM-Expertise beweist er u. a. als Mitglied des Advisory Boards von buildingSMART International. Zusätzlich ist er Jurymitglied des buildingSMART BIM Awards, bei dem die besten BIM-Bauprojekte aus aller Welt ermittelt werden. (Bild: Mensch und Maschine Software SE)  mum.de

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