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20.03.2023 | Ulrich Zeppenfeldt

BIM in allen Leistungsphasen

Beim Neubau des interaktiven Weiterbildungszentrums „Viega World“ ist BIM konsequent zum Einsatz gekommen: In Planung, Ausführung und Betrieb. Das Projekt erhielt das DGNB Platin-Zertifikat für die Planung und einzelne Erkenntnisse flossen in die VDI 2552 Blatt 10 ein.

Die Digitalisierung ist ein zentrales Element, um Bauprozesse künftig spürbar zu beschleunigen – auch mit dem politischen Ziel, jährlich bis zu 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Dabei geht es nicht allein um die Digitalisierung von Flächennutzungsplänen oder Baugenehmigungen, sondern um einen integral geplanten und mittels der Arbeitsmethodik BIM umgesetzten, kompletten Bauprozess, der bei aller Komplexität idealerweise den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes abbildet.

Mit dem interaktiven Weiterbildungszentrum „Viega World“ hat Viega – einer der führenden Hersteller von Installationstechnik für Sanitär und Heizung – hierzu bereits Grundlagenarbeit geleistet. Und zwar in einer solchen Tiefe, dass maßgebliche Erkenntnisse aus dem Planungs- und Bauprozess sogar in die einschlägigen Normen und Regelwerke, wie die Richtlinienreihe VDI 2552 Blatt 10 (Anmerkung Redaktion: Blatt 10: „Building Information Modeling – Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungspläne (BAP).“), eingeflossen sind.

Der besondere Reiz dieses Projektes liegt nicht allein in dieser bis dato wohl einmaligen Umsetzung der Arbeitsmethodik BIM – denn erstmals ist ein Bildungsbau entlang eines Digitalen Zwillings so konsequent integral über alle neun Leistungsphasen hinweg nach BIM gebaut worden: Gleichzeitig war und ist Viega über die Rollen als Bauherr und Investor hinaus auch Nutzer der Gebäude.

Bei der praktischen Umsetzung der Arbeitsmethodik BIM vom ersten gedanklichen Ansatz, wie ein solches Weiterbildungszentrum zukunftsfähig aussehen könnte, über die Inbetriebnahme bis in den jetzt laufenden Regelbetrieb wurde dabei immer wieder deutlich, welche entscheidende Bedeutung die Technische Gebäudeausrüstung (TGA) für nachhaltige Gebäude von morgen hat.

Dementsprechend ist es wichtig, dass die TGA-Fachplaner die BIM-Methodik und ihre digitalen Werkzeuge beherrschen, um das darin steckende Potenzial beispielsweise unter den Aspekten Funktionalität und Energieeffizienz, genauso aber auch soziale Akzeptanz oder Recycelbarkeit nach Ende der Nutzungsphase zu heben.

Fundamentale Erkenntnisse

Die fundamentalen Erkenntnisse, die beim Projekt „Viega World“ zur Integralen Planung mit der Arbeitsmethodik BIM gesammelt wurden, betreffen sämtliche Stufen des Bauprozesses und damit alle am Bau Beteiligten; insbesondere aber die Auftraggeber beziehungsweise Investoren und die planenden Ingenieure. Denn wesentliche Änderungen gegenüber dem herkömmlichen, seriellen Bauen betreffen vor allem die Objektbeschreibung durch den Auftraggeber (Auftraggeber-Informationsanforderungen, AIA), die Prozessorganisation selbst und nicht zuletzt die Projektabwicklung (BIM-Abwicklungsplan). In dieser wurde über die Kollaboration der verschiedenen Gewerke sogar juristisches Neuland betreten.

Viega als künftiger Betreiber des interaktiven Weiterbildungszentrums musste so unter anderem seine vorgesehene Nutzung und die dahinterstehenden Prozesse in einer bemerkenswerten Detailtiefe beschreiben.

Der Fachplaner wiederum sah sich durch das dezidierte Lastenheft sowie die vom Projektsteuerer entwickelten, strukturgebenden Elemente zum Beispiel mit einer raumbezogenen Betrachtungsweise konfrontiert. Und die Ausführenden, hier: eine ARGE, hatten die detailgetreue (Vor-)Planung mit entsprechender Datentiefe wiederum in enger Kollaboration mit den weiteren Prozessbeteiligten nicht nur wie üblicherweise gewohnt in Baugruppe, Schalung, Beton und Hochbau umzusetzen, sondern im Prinzip jeden Schritt auch noch digital nachzuführen. Nur so konnte das zugrunde liegende digitale Modell die ihm zugedachten Funktionen in der späteren Betriebs- und idealerweise sogar Rückbauphase nach Ende der Nutzungszeit erfüllen.

„Im Ergebnis führte dies zu einer komplett neuen konzept- und prozessbasierten Herangehensweise, die für derartige Projekte künftig aber zum Standard werden dürfte“, so Prof. Dr.-Ing. habil. Christoph van Treeck, RWTH Aachen University, Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen. Er hat in dem Viega Bauvorhaben den Prozess der Integralen Planung mit der Arbeitsmethodik BIM zusammengeführt und setzt das konzeptbasierte Vorgehen jetzt ebenfalls in die Praxis um.

TGA als Strukturgeber

Über die dezidierte Bedarfsplanung des Bauherrn und die darin unter anderem enthaltene Zielsetzung „klimaneutrales Bauen“ wurde beim Modellprojekt „Viega World“ zudem deutlich, wie die TGA künftig zum Strukturgeber des Bauens wird: Die „Lebensadern des Gebäudes“ – wie die (Rohr-)Leitungssysteme für Wärme, Kälte, Trinkwasser und Energie – sind für die effiziente Versorgung des Objektes mit Wärme und Kälte sowie durch die hygienebasierte Konzeption der gesamten Sanitärinstallationen von so hoher „strukturgebender“ Komplexität, dass der planerische Einsatz von Trassen- und Schnittstellenkonzepten als wichtigster Lösungsansatz im integralen Zusammenwirken von TGA, Architektur und Tragwerk erforderlich ist.

Für die Besucher der „Viega World“ wird das an sichtoffenen Schächten und über ein umfassendes Monitoring in Echtzeit erlebbar: Das Seminarcenter ist didaktisch so konzipiert, dass es selbst zum Schulungsinhalt wird. Die zentralen Viega Kompetenzthemen – wie Erhalt der Trinkwassergüte, Energieeffizienz, Schall- und Brandschutz, Installations- und Entwässerungstechnik sowie BIM – werden also nicht nur intheoretischen Schulungen vermittelt, sondern können in der Praxis erlebt und nachvollzogen werden.

Digitale Werkzeuge unverzichtbar

Als Leuchtturmprojekt für Digitales Planen und Bauen zeigt die „Viega World“, wie entscheidend es ist, dass TGA-Fachplaner die BIM-Methodik zukünftig beherrschen.

Um diesen Transformationsprozess zu unterstützen, hat Viega das Serviceangebot „Viega Building Intelligence“ entwickelt: Ausgehend von einer Bestandsaufnahme holt ein „Viega Building Intelligence“-Kompetenzteam die Mitarbeitenden des jeweiligen Planungsbüros oder Installationsunternehmens auf ihrem individuellen Wissensstand ab, bevor sie über die vier Säulen „Consulting“, „Training“, „Management“ und „System“ an BIM herangeführt werden und das Erlernte dann idealerweise an einem kundeneigenen Bauvorhaben in die Praxis umsetzen.

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Bilder
Bilder: Viega
© Viega
Autor

Ulrich Zeppenfeldt verantwortet als Viega Vice President Global Service & Consulting die Entwicklung, Modellierung und Qualitätssicherung sowie den Second Level Support von Serviceprozessen weltweit. Als Ingenieurswissenschaftler (Energie- und Umweltschutztechnik, FH Aachen) engagiert er sich besonders für das Kompetenzfeld „Digitales Bauen“.
viega.de/viegaworld

Themen
  • Normen und Standards
  • Praxisbericht
  • Nachhaltiges Bauen
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