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29.11.2019 | Stephanie Terfehr

BIM im Baugenehmigungsverfahren

BIM & Recht, Teil 11

Bundesländer ohne gemeinsame Strategie, Baugenehmigungsbehörden ohne digitale Zugänge – beim Baugenehmigungsverfahren zeigen sich die Probleme, BIM im Alltag durchzusetzen.

Bei der Planung, Errichtung und Bewirtschaftung von größeren Bauvorhaben geht an BIM zukünftig kein Weg mehr vorbei. Auch im Baugenehmigungsverfahren könnte BIM eine erhebliche Rolle spielen. Die Bauministerkonferenz hat in ihrem Abschlussbericht „Building Information Modeling (BIM)“ vom Oktober 2018 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das BIM-Modell im Baugenehmigungsverfahren als Datenlieferant genutzt werden kann. (1)

Vorteile durch BIM – theoretisch

Aus dem BIM-Model können z. B. für die Bauantragstellung und die Prüfung im Baugenehmigungsverfahren die Daten für die Gebäudeklassifizierung oder den Sonderbau-Tatbestand gewonnen werden. Abstandsflächen und etwaige Abstandsflächenüberschreitungen können abgebildet werden. Die Ausgestaltung von Wänden, Decken und Dächern kann zur Überprüfung des Brandschutzkonzepts abgebildet werden, außerdem Rettungswege, Öffnungen und Umwehrungen.

Dies sind nur einige Beispiele für die Relevanz eines BIM-Models für die bauordnungsrechtliche Prüfung. Im Bereich des Bauplanungsrechts können Angaben zur Gebietsausweisung in Bebauungsplänen sowie zu den für das Gebäude relevanten Festsetzungen wie Baugrenzen, Grundflächenzahl, Geschossigkeit, Gebäudehöhe gewonnen werden. (2)

Soweit die Theorie. In der Praxis wird die BIM-Technologie für die Vorbereitung von Bauanträgen bislang wenig eingesetzt; im behördlichen Baugenehmigungsverfahren wird sie überhaupt nicht genutzt. Ein wesentlicher Grund dafür ist die unzureichende Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahrens.

Bundesländer handeln uneinheitlich

Nach den Vorgaben des Online-Zugangsgesetzes (OZG) sind die Bundesländer verpflichtet, eine Vielzahl von behördlichen Dienstleistungen bis zum Jahr 2022 zu digitalisieren. Hierzu zählen auch solche Dienstleistungen, die dem Themenfeld Bauen und Wohnen zugeordnet sind. Da die Einreichung und Bearbeitung von Bauanträgen in Deutschland landesrechtlich in den jeweiligen Landesbauordnungen und den zugehörigen Bauprüf- und Bauvorlageverordnungen geregelt ist, war die Aufnahme von Regelungen über die Durchführung eines digitalen Baugenehmigungsverfahrens in die jeweiligen Landesbauordnungen erforderlich. Dies ist zwar mittlerweile in allen Bundesländern erfolgt, allerdings sind die Regelungen nicht einheitlich.

So hat Schleswig-Holstein die digitale Einreichung von Bauanträgen und Bauantragsunterlagen gesetzlich bis auf weiteres ausgeschlossen. (3) Vereinzelte Landesbauordnungen enthalten eigene Vorgaben zum elektronischen Bauantragsverfahren. (4) In Sachsen-Anhalt steht die elektronische Einreichung eines Bauantrags unter dem Vorbehalt einer Rechtsverordnung und des Vorhandenseins der technischen Voraussetzungen. (5)

Blockade durch fehlende Zugangseröffnung

Soweit in den Bundesländern keine Sonderregelungen bestehen, wird auf die der Regelung des § 3a VwVfG entsprechende Norm des VwVfG des jeweiligen Landes verwiesen.6 Danach können Bauanträge und Bauvorlagen in elektronischer Form eingereicht werden. Voraussetzung ist aber, dass der Empfänger, d. h. im Baugenehmigungsverfahren die zuständige Baugenehmigungsbehörde, hierfür einen Zugang eröffnet. An dieser Zugangseröffnung fehlt es in der Praxis noch häufig.

Eine Umfrage im Rahmen des Modellprojekts „Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahrens in NRW“ im Jahr 2018 ergab, dass von 189 an der Umfrage teilnehmenden Kommunen lediglich 29 die Übermittlung des Bauantrags und der Bauvorlagen auf elektronischem Weg i. S. v. § 3a VwVfG NRW zur Eröffnung des Baugenehmigungsverfahrens zum Zeitpunkt der Umfrage bereits ermöglichten.7 Das digitale Baugenehmigungsverfahren ist damit zwar rechtlich möglich, aber oftmals praktisch nicht gewährleistet. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf.

Bund fördert BIM-basierten Bauantrag

Der Bund und die Länder haben das Thema Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahrens in den letzten Jahren aufgegriffen. In verschiedenen Bundesländern liefen Pilotprojekte, in denen digitale Prozesse für Baugenehmigungsverfahren getestet und weiterentwickelt wurden. Im Rahmen des Wohngipfels am 21. 09. 2018 verpflichteten sich Bund, Länder und Kommunen ausdrücklich zur Förderung des digitalen Bauantrags und zur konsequenten Einführung der Digitalisierung planungsrechtlicher und bauaufsichtlicher Verfahren. (8)

Um den Einsatz von BIM im Baugenehmigungsverfahren zu unterstützen, hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) das Förderprojekt „BIM-basierter Bauantrag“ auf den Weg gebracht. Im Rahmen dieses Projekts, das von der nationalen Plattformgesellschaft planen-bauen 4.0 geleitet wird, soll analysiert werden, wie sich BIM-Modelle in die behördlichen Antragsverfahren einbinden lassen, welche Mehrwerte und Herausforderungen dadurch für die Behörde entstehen und wie hoch der Effizienzgewinn wäre. (9)

Die Entwicklung eines (technisch) möglichst einheitlichen digitalen Baugenehmigungsverfahrens, unter Einbeziehung der Möglichkeiten, die BIM bietet, ist nach alledem eingeleitet. Ob dies der BIM-Methode zu einer Einbeziehung in das behördliche Genehmigungsverfahren verhilft, bleibt abzuwarten.

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1 Bauministerkonferenz, Abschlussbericht Building Image Modeling (BIM), Oktober 2018, www.bauministerkonferenz.de/verzeichnis.aspx (Stand: Oktober 2019)

2 Vgl. hierzu: König, Integration von Building Information Modeling in digitale Bauantragsverfahren, Vortrag im Rahmen des Geonetzwerk.metropoleRuhr vom 20.11.2018

3 § 81 LBO SH

4 § 3 HmbBauVorlVO; § 62 Abs.5 HBO i.V.m. dem Bauvorlagenerlass der obersten Bauaufsichtsbe-hörde vom 13. Juni 2018, zuletzt geändert am 11. Januar 2019 (https://wirtschaft.hessen.de/neuer-bauvorlagenerlass-und-vordrucke Stand: Oktober 2019)

5 § 66 Abs. 1 BauO LSA

6 Vgl. § 2 Abs. 1 BbgBauVorlV; Art. 64 Abs. 1 BayBO i.V.m. § 1 Abs. 2 BayBauVorlV; § 68 Abs. 1 BremBO i.V.m. § 1 Abs. 2 BremBauVorlV; § 68 Abs. 1 LBauO M-V i.V.m. § 1 Abs. 2 BauVorlV M-V; § 67 Abs. 1 NdsBauO i.V.m. § 1 Abs. 2 NdsBauPrüfVO; § 63 Abs. 1 BauO RP i.V.m. § 1 Abs. 3 Bau-PrüfVO RP; § 68 Abs. 1 SächsBO i.V.m. § 1 Abs. 2 SächsBauVorlVO; § 64 Abs. 1 BauO SH i.V.m. § 1 Abs. 2 BauVorlVO SH; § 69 Abs. 1 LBO Saarland i.V.m. § 1 Abs. 5 BauVorlVO Saarland

7 vgl. Abschlussbericht der 1. Projektphase, Berlin, 25.April 2019

8 Gemeinsame Wohnraumoffensive von Bund, Ländern und Kommunen, Dokumentation über die Ersgebnisse des Wohngipfels am 21. September 2018 im Bundeskanzleramt www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2018/ergebnisse-wohngipfel.pdf (Stand: 10/2019)

9 bimbauantrag.de

© Yvonne Weis/stock.adobe.com
Autor

Dr. Stephanie Terfehr ist Rechtsanwältin in Essen und als Fachanwältin für Verwaltungsrecht auf das öffentliche Bau- und Planungsrecht sowie Umweltrecht spezialisiert. Sie berät und vertritt Investoren bei der Entwicklung, Planung und Durchführung von komplexen Immobilienprojekten und unterstützt sie in den zugehörigen Bebauungsplan- und Baugenehmigungsverfahren. Sie ist Autorin verschiedener Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen zu städtebaulichen und umweltrechtlichen Themen. knh-rechtsanwaelte.de

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