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16.11.2021 | Thomas Wilk

BIM für Kommunen

Aus- und Weiterbildung

Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Anspruch, die Implementierung von BIM schnell und flächendeckend voranzutreiben. Neben der vollständigen und durchgängigen Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahrens gehört dazu eine Vielzahl von Aktivitäten. Den Kommunen kommt dabei besondere Bedeutung zu.

BIM ist längst kein neues Thema mehr. Viele Akteure in der Bauwirtschaft, im Handwerk oder auch in den Architektur- und Ingenieurbüros arbeiten zum Teil bereits seit Jahren mit dieser digitalen Methode des Planens, Bauens und Bewirtschaftens und wissen deren Mehrwerte zu schätzen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Methode BIM innerhalb der nächsten Jahre als Standard etablieren wird. Der Einsatz von BIM wird mittlerweile auch von immer mehr Seiten gefordert. Allerdings gibt es noch immer eine sehr große Zahl von Akteuren, die BIM nicht anwenden. Noch bedeutsamer ist, dass diese Akteure so wenig Wissen zu BIM mitbringen, dass sie deren Vorteile nicht bewerten können und daher von einer eigenen Implementierung leider weit entfernt sind.

Die Struktur der Baubranche in Deutschland steht einer erfolgreichen Verbreitung von BIM zunächst einmal entgegen. Die überwiegende Zahl von Handwerksbetrieben und Büros beschäftigt weniger als zehn Mitarbeiter und weist damit schlicht zu wenig Ressourcen auf, um einen nachhaltigen Change-Prozess zur Anwendung dieser Managementmethode zu stemmen. Hinzu kommt, dass es der gesamten Baubranche in Deutschland weiterhin so gut geht, dass vielerorts die Notwendigkeit für echte Veränderungen nicht hinreichend gesehen wird. Auch die Covid 19-Pandemie konnte der Bau- und Immobilienwirtschaft bekanntlich nichts anhaben.

Insoweit scheint sich der altbekannte Grundsatz, dass die größten Fehler in Zeiten des Erfolges gemacht werden, leider zu bestätigen. Es steht nämlich zu befürchten, dass viele der kleineren Betriebe und Büros in einigen Jahren bei fortschreitender BIM-Verbreitung und -Akzeptanz im Markt abgehängt werden und die erforderlichen Kompetenzen dann nicht schnell genug werden aufbauen können. Dabei stellt BIM sowohl eine der größten Innovationen im Baubereich also auch zugleich eine der größten Herausforderungen für die Branche dar.

Hebelwirkung durch öffentliche Bauherren mit besonderer Bedeutung der Kommunen

Ein wesentlicher Akteur mit einer besonderen Vorbildwirkung sind die öffentlichen Bauherren und hier insbesondere die Kommunen. Denn kein Bauvorhaben kommt ohne deren Beteiligung zustande. Dies betrifft die Genehmigungsseite, so dass die unteren Bauaufsichtsbehörden mit BIM-basiert eingereichten Bauanträgen und -vorlagen umgehen können müssen. Ebenso sind aber auch die Kreise, Städte und Gemeinden als Bauherren und spätere Nutzer und Bewirtschafter ihrer Gebäude adressiert. Die Kommunen bilden jedoch die mit Abstand größte Gruppe an öffentlichen Bauherren und Auftraggebern. Insofern ist eine ausgewiesene BIM-Kompetenz der Kommunen von besonderer Bedeutung.
Die größte Hebelwirkung bei der BIM-Implementierung wird mittel- bis langfristig die Beauftragung von BIM-(Pilot-)Projekten entfalten.

Die kommunalen Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft können der Implementierung von BIM an dieser Stelle einen großen Schub verleihen. Doch planen bislang erst wenige nordrhein-westfälische Kommunen vereinzelte Projekte unter Anwendung der BIM-Methode oder entwickeln Strategien zur BIM-Einführung. Und die überwiegende Zahl der Kommunen reagiert gegenwärtig noch abwartend. Die Gründe dafür liegen regelmäßig in fehlendem Wissen bzw. in nicht auf die Rahmenbedingungen öffentlicher Bauherren zugeschnittenen Informationen. Es ist aber entscheidend, dass die kommunalen Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft bei der Initiierung von BIM-Bauprojekten über dieses grundlegende Wissen verfügen. Denn nur so können sie bestimmen, welche Zielsetzung mit der Anwendung der BIM-Methode im jeweiligen Projekt erreicht werden soll. Speziell im BIM-Kontext ist die frühzeitige Definition und Vorgabe der Projektziele wichtig. Ebenso müssen sie die tatsächliche Umsetzung begleiten und kontrollieren können.

NRW unterstützt Kommunen bei der Implementierung von BIM mit neuer Handlungsempfehlung und Qualifizierungsleitfaden

Hier setzt das BIM-Competence-Center (BCC) im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung in NRW an. Es hat sich entschieden, die Kommunen besonders bei der Implementierung von BIM zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund wurden zuletzt zwei Publikationen veröffentlicht, die es in dieser Form bislang in Deutschland noch nicht gegeben hat: die BIM-Handlungsempfehlung sowie der BIM-Qualifizierungsleitfaden für die kommunalen Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft in Nordrhein-Westfalen.

BIM-Handlungsempfehlung

Die BIM-Handlungsempfehlung bildet den Informationsbedarf zur Einführung und Umsetzung der Methode BIM für den öffentlichen kommunalen Hochbau in Nordrhein-Westfalen zusammenfassend ab. Die Kommunen finden eine strukturierte Darstellung einer vollständigen BIM-Strategie für das Aufsetzen von kommunalen BIM-Projekten inklusive seiner Umsetzung Schritt für Schritt. Ziel dieser Publikation ist die Deckung des Informationsbedarfs zur Einführung und Umsetzung der Methode BIM für den öffentlichen kommunalen Hochbau in Nordrhein-Westfalen.

Neben einer Beschreibung des Status Quo auf Basis einer Befragung aller nordrhein-westfälischen Kommunen zum Stand der BIM-Implementierung wird eine BIM-Strategie abgebildet u. a. mit einer beispielhaften kommunalen Projekt¬aufbauorganisation, mit Rollen und Verantwortlichkeiten, mit BIM-Zielen, BIM-Anwendungen, BIM-Anforderungen sowie einer BIM-spezifischen Projektumsetzung.

BIM-Qualifizierungsleitfaden

Der BIM-Qualifizierungsleitfaden steht parallel zur Handlungsempfehlung und widmet sich dem Einführungsprozess der Methode BIM in der kommunalen Bauverwaltung und der Gebäudewirtschaft. Sein Fokus liegt auf den erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeiter entlang einer vorgeschlagenen stufenweisen BIM-Einführung. Die BIM-Einführung¬ bedeutet für die jeweilige Organisation einen amts- und aufgabenübergreifenden, langfristigen Veränderungsprozess. Dabei sind ein klarer Plan, zielgerichtete Strukturen mit BIM-Zuständigkeiten und ein konsequentes Vorgehen erforderlich. Die individuelle Qualifizierung der Mitarbeiter bildet einen zentralen Erfolgsfaktor.
Das Ziel des Qualifizierungsleitfadens ist es, die Mitarbeiter in kommunalen Verwaltungen, kommunalen Betrieben und anderen kommunal geprägten Institutionen in die Lage zu versetzen, ihren individuellen BIM-Qualifizierungsbedarf systematisch festzustellen und daraus selbständig notwendige BIM-Schulungen ableiten zu können.

Weiterbildungskonzept BIMKommunal fördert zertifizierte Abschlussprüfung nach Richtlinie VDI/buildingSMART: „BIM-Qualifikation – Basiskenntnisse“

Um die BIM-Handlungsempfehlung auch mit praktischen Inhalten zu füllen und die Kommunen weiter bei der Durchführung BIM-basierter Projekte zu unterstützen, hat das BIM-CC die speziell auf Kommunen zugeschnittene Weiterbildung BIMKommunal entwickeln lassen. Das Ziel ist, dass der Bau- und Planungsprozess von der Auftragsvergabe bis hin zur Auftragserfüllung ohne Brüche BIM-basiert ablaufen kann.

Die flächendeckende Implementierung der Methode BIM kann nur funktionieren, wenn alle Akteure gleichermaßen das erforderliche BIM-Know-how aufweisen. Die Akteure in der Bauwirtschaft und in großen Planungs- und Ingenieurbüros, die BIM längst praxistauglich anwenden, reichen dazu nicht aus. Der Fokus auf öffentliche Auftraggeber mit ihrer Vorbildwirkung und, in Bezug auf die kommunalen Verwaltungen, ihre feste Rolle im Genehmigungsprozess ist unerlässlich, um die Verbreitung von BIM in der Breite zu erreichen. Die dafür erforderlichen Werkzeuge liegen nunmehr erstmalig vor.

 

Bilder
BIM-Handlungsempfehlung des MHKBG NRW, Bild: MHKBG NRW
BIM-Qualifizierungsleitfaden des MHKBG NRW, Bild: MHKBG NRW
© stock.adobe.com/vectorfusionart
Autor

Dr. Thomas Wilk absolvierte eine Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt. Danach studierte er Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität in Bochum. 2005 promovierte er zum Dr. iur. und arbeitete u. a. am Landgericht Dortmund und im Rechtsamt der Stadt Bochum. Von 2013 bis 2018 war er Kreisdirektor und Kreiskämmerer des Kreises Unna. Seit 2018 ist er Abteilungsleiter Bauen im MHKBG NRW und Leiter des BIM-Competence-Centers. (Bild: privat)  mhkbg.nrw

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