Marian Behaneck
Building Information Modeling ist eine Planungsmethode, die spezielles Wissen und Know-how voraussetzt. Doch erfahrenes BIM-Fachpersonal ist rar, meist fest angestellt und gut bezahlt. Hochschulabgängern mit BIM-Kenntnissen mangelt es wiederum an praktischer Erfahrung. Die Grundlagen der BIM-Planungsmethode müssen deshalb in den Büros oft neu erlernt werden – entweder im Selbststudium mit Hilfe von Fachliteratur (siehe Literaturverzeichnis), über Webinare oder im Rahmen von BIM-Kursen, Seminaren und Workshops. Obwohl sich das Angebot inzwischen sehen lassen kann, ist die Qualität noch sehr unterschiedlich. Vor allem größere Planungsbüros bilden BIM-Fachkräfte deshalb selbst aus, indem sie Mitarbeiter intern schulen.
Welche Standards sollten BIM-Schulungen erfüllen?
BIM-Schulungsinhalte sollten bestimmte Qualitätsstandards erfüllen und möglichst breit angelegt sein. Neben Basiskenntnissen zum Wesen, den Vorteilen, Herausforderungen und Anwendungsformen der BIM-Planungsmethode müssen auch Informationen und Regeln zum modellorientierten Objektaufbau, zur BIM-Einführung im Unternehmen und im Projekt, zu rechtlichen Aspekten, zu BIM-Softwarewerkzeugen, zur Koordinierung und Datenübergabe von Bauwerksdaten im Rahmen von OpenBIM-Projekten vermittelt werden.

BIM-Softwareschulung ( Foto: ATP Becker)
Zurzeit entstehen verbindliche Richtlinien, die diese Ausbildungsinhalte und Qualitätsstandards definieren. So wurde im Rahmen der vom Verein Deutscher Ingenieure e. V. (VDI) in Zusammenarbeit mit buildingSMART Deutschland e. V. erstellten BIM-Richtlinienreihe VDI 2552 mit Blatt 8.1 Building Information Modeling – Qualifikationen, Basiskenntnisse [7] Ende 2017 ein BIM-Ausbildungsstandard vorgestellt. Der Richtlinienentwurf soll eine Qualitätssicherung von Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ermöglichen, indem Kompetenzen, Qualifikationen und Lehrinhalte für die Vermittlung von BIM-Basiskenntnissen sowie Rahmenbedingungen für den Ablauf vorgegeben werden.
Die VDI-Ausbildungsrichtlinie soll Ende 2018 in der endgültigen Fassung als Weißdruck vorliegen. Sobald dies der Fall ist, wird es ein gemeinsames Zertifikat von VDI und buildingSMART Deutschland geben. Derzeit bietet der deutsche Ableger der OpenBIM-Förderorganisation buildingSMART International auf Grundlage des Learning Outcome Framework buildingSMART International Professional Certification (Individual Qualification) in der Fassung für Deutschland ein eigenes Zertifizierungsprogramm für Weiterbildungsanbieter an. Das buildingSMART Zertifikat BIM-Qualifikationen – Basismodul basiert auf VDI 2552, Blatt 8.1, unter besonderer Berücksichtigung von offenen BIM-Austauschstandards (www.buildingsmart.de/zertifizierung/bim-basis). Parallel wird an weiteren Richtlinien zur Vertiefung der BIM-Ausbildungsqualifikationen gearbeitet.
Wie sollten die Lehrinhalte strukturiert sein?
Neben der Unterscheidung nach Zielgruppen aus den Bereichen Planen (Architekten, Fachingenieure), Bauen (Bauunternehmer, Handwerker) und Betreiben (Facility Manager) ist es sinnvoll, Lehrinhalte auch an den verschiedenen Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche zu orientieren. Deshalb sollte auch zwischen BIM-Konstrukteur, BIM-Koordinator und BIM-Manager unterschieden werden.

Schulung vonBIM-Programmen (Bild: Ceapoint)
BIM-Konstrukteur. In der Ausbildung zum BIM-Konstrukteur für Architekten, Gebäudetechniker, Tragwerks- und andere Fachplaner sollten Konzepte und Arbeitsweisen am konkreten BIM-Projekt gewerkespezifisch vermittelt werden. Zu den Lehrinhalten sollten Vorentwurfs-, Entwurfs-, Ausführungs- und Detailplanung am BIM-Modell, Modellierungsregeln, Verwendung und Erstellung von Vorlagen und Layouts, Erstellung eigener Bibliotheken gemäß BIM-Richtlinien, IFC-Modellaustausch sowie Qualitätsprüfung und Koordination gehören.
BIM-Koordinator. Im Fokus der Ausbildung zum BIM-Koordinator sollte dagegen der Austausch von Modellen und Informationen stehen, damit Modelle aus unterschiedlichen Software-Umgebungen koordiniert, ausgewertet und analysiert werden können. Die Teilnehmer sollten lernen, was ein BIM-Koordinator können muss, damit der interdisziplinäre Informationsaustausch möglichst reibungslos funktioniert. Die BIM-Koordinator-Ausbildung sollte sich am openBIM-Standard orientierten. Zu den Lehrinhalten sollten IFC- und BCF-Datenaustausch, Qualitätsprüfung am IFC-Modell, Erstellen von Prüfregeln, Umsetzen der BIM-Richtlinien und des BIM Execution Plans, Kollisionsprüfung über mehrere Gewerke, Anwendung projektspezifischer Modellierungsregeln, Verwendung von 3D-Modellinformationen, Raumbüchern oder Metadatenbanken usw. gehören.
BIM-Manager. Im Fokus einer BIM-Manager-Schulung sollte die Vermittlung von Technologien, Projektanforderungen und Verantwortlichkeiten sowie von Grundsätzen für eine erfolgreiche BIM-Einführung gehören. Den Teilnehmern sollte vermittelt werden, welche organisatorischen und technischen Aufgaben ein BIM-Manager übernehmen muss, um BIM-Prozesse im Sinne des Unternehmens steuern und durchsetzen zu können. Zu den Lehrinhalten sollte das Erstellen von Standards, Vorlagen oder Bibliotheken, Dokumentationen gehören, außerdem BIM-Organisationsmanagement, BIM-Workflow, BIM-Execution Plan (Bestimmung von Projektzielen, Prozessdefinition, Technologiestrukturen, Verantwortungen und Qualitätsmanagement) sowie BIM-Management (Rollen und Verantwortungen, BIM-Standards, Projektbegleitung und Datenmanagement).
Eine derart strukturierte BIM-Schulung offeriert beispielsweise Mensch und Maschine im Rahmen der BIM-Ready-Ausbildung (siehe unten). Wichtig bei allen Schulungen ist, dass immer wieder Praxisbezüge hergestellt und die Arbeitsabläufe einzelner Disziplinen auch im Kontext integraler Planungsszenarien beleuchtet werden.
Welche Ausbildungsangebote gibt es?
Wer BIM-Ausbildungsangebote sucht, findet sie vor allem bei Verbänden und Institutionen wie den Architekten- und Ingenieurkammern, ferner bei Bausoftware-Anbietern, BIM-Dienstleistern sowie an Hochschulen. Im Folgenden werden einige BIM-Ausbildungsangebote beispielhaft vorgestellt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, alle Kosten zzgl. MwSt.).
Architektenkammern. Am Entwurf der VDI-Richtlinie VDI 2552 Blatt 8.1 orientierte BIM-Basiskurse bieten die Architektenkammern der Länder mit folgenden Inhalten an: Einführung, Richtlinien, Anwendungsformen, Werkzeuge, Modellaufbau, Qualitätssicherung, Bestandserfassung, rechtliche Grundlagen, Entwicklungen usw. Die nächsten mehrtätigen BIM-Basiskurse veranstalten beispielsweise die AK Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg. Kosten: ca. 800 bis 1.500 Euro (www.akademie-aknw.de, www.akbw.de).
TÜV SÜD. Die TÜV SÜD Akademie und das Beratungsunternehmen DeuBIM vermitteln in aus zwei Präsenztagen und zwei Webinaren bestehenden BIM-Basis-Anwenderkursen ein interdisziplinäres und branchenübergreifendes BIM-Grundlagenwissen, das sich an buildingSMART-Vorgaben orientiert. Absolventen erhalten ein Zertifikat. Darauf aufbauend können optional weitere BIM-Kurse besucht werden. Kosten: 1.995 Euro (www.tuev-sued.de).
Ruhr-Universität Bochum. Die Akademie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) offeriert in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München und Hochtief ViCon wahlweise einen BIM-Professional-Basis-Kurs und einen umfangreicheren BIM-Professional-Kurs an, der auch eine Zertifizierung beinhaltet. Die Schulung ist in sechs bzw. drei themenspezifische Module mit Praxisanteil gegliedert. Kosten: 2.100 bzw. 7.400 Euro (www.bim-professional.de).
BIMwelt. Einen dreitägigen BIM-Basiskurs an mehreren Standorten in Deutschland bietet BIMwelt mit der BIM[schule] an. Die Kursinhalte orientieren sich an der VDI-Ausbildungsrichtlinie: Einführung, Richtlinien, Mehrwert, openBIM, BIM-Werkzeuge, Modellaufbau, Qualitätssicherung, Anwendungsfälle, Bestandserfassung, Implementierung, rechtliche Grundlagen und BIM-Entwicklungen. Kosten: 1.580 Euro (https://bimschule.gfn.de).
Mensch und Maschine. An verschiedenen Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz offeriert Mensch und Maschine eine BIM Ready-Ausbildung zum BIM-Konstrukteur, -Koordinator oder -Manager für unterschiedliche Zielgruppen. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich an openBIM-Grundsätzen von buildingSMART sowie an den jeweiligen Zuständigkeiten und Verantwortungsbereichen. Eingesetzt werden die Programme Autodesk Revit, Navisworks, Glue und Solibri. Kosten: 4.400 bis 4.900 Euro (www.mum.de).

Schulung des korrekten Aufbaus bauteilorientierter BIM-Modelle (Bild: mbAEC Software)
Institut für Wissen in der Wirtschaft. Im Rahmen einer BIM-Praxiswerkstatt für BIM-Manager, -Koordinatoren und -Konstrukteure vermitteln das Institut für Wissen in der Wirtschaft (IWW) sowohl BIM-Grundlagen als auch die Praxisanwendung an konkreten BIM-Werkzeugen und -Modellen, inklusive einem interdisziplinären Modelldatenaustausch. Die Inhalte orientieren sich an der VDI-Ausbildungsrichtlinie und sollen darüber hinausgehen, eine Zertifizierung nach VDI Richtlinie 2552 8.1 ist beantragt. Kosten: 3.350 Euro (www.bim-praxiswerkstatt.de).
Bimpedia. Das österreichische Unternehmen Plandata offeriert mit der Wissensplattform bimpedia.eu ein Referenz- und Schulungswerkzeug für BIM-Einsteiger. Mehr als 1.500 Anleitungen und Video-Tutorials vereinfachen den Einstieg und die Arbeit mit BIM. Zu den Inhalten zählen Modelliergrundlagen, Auswertungsmethoden, Modellprüfungen und Methoden der modellbasierten Kommunikation bis zur Übergabe an Simulationsprogramme (www.bimpedia.eu, Registrierung erforderlich).
An welchen Hochschulen wird BIM gelehrt?
An Hochschulen ist BIM schon seit geraumer Zeit im Rahmen von Vorlesungen, Workshops, Praxisübungen und Abschlussarbeiten ein Thema. Obwohl sich BIM praktisch auf alle Ausbildungsinhalte auswirkt, ist die neue Planungsmethode noch nicht auf breiter Basis in das Studium integriert. Häufig handelt es sich um ein an höhere Semester gerichtetes singuläres Lehrangebot engagierter Professoren und Assistenten.
Mit dem Ziel, einen Ausbildungsstandard zu definieren und das Lehrangebot qualitativ vergleichbar zu machen, haben die Mitglieder des Arbeitskreises für Bauinformatik an der RUB bereits 2015 detaillierte Lehrinhalte zur Ausbildung von BIM-Kompetenzen definiert (www.gacce.de/bim.php).
BIM-Lehrangebote gibt es inzwischen an mehreren deutschen Hochschulen. So beschäftigt sich beispielsweise der Lehrstuhl Informatik im Bauwesen in Forschung und Lehre an der RUB schon seit vielen Jahren mit der Entwicklung und Anwendung von BIM-Methoden. In diversen Bachelor- und Master-Semestern werden Grundlagen und spezielle Anwendungen des digitalen Planens und Bauens vermittelt.

Zertifizierungsurkunde von buildingSMART Deutschland (Bild: Kasto/Fotolia.com)
Das Institut für Datenbankorientiertes Konstruieren (IDoK) der Jade-Hochschule hat sich zum Ziel gesetzt, die BIM-Prinzipien und Methoden auch in die Lehre einfließen zu lassen. So wurde ein Projekt gestartet, um Bauinformationsmodelle in alle relevanten Module des Bachelorstudienganges einzubringen. Auch am Institut für numerische Methoden und Informatik im Bauwesen an der TU Darmstadt stehen die BIM-Modellierung und daran angegliederte Koordinations-, Analyse- und Berechnungsprozesse im Fokus der universitären Ausbildung.
Am Lehrstuhl für computergestützte Modellierung und Simulation der Technischen Universität München werden ebenfalls zahlreiche Bachelor- und Masterlehrgänge angeboten, die BIM und angrenzende Fachdisziplinen der Bauinformatik zum Inhalt haben.
Fazit: Standards schaffen Vergleichbarkeit
Wie der gesamten Bauwirtschaft mangelt es derzeit auch BIM an Fachkräften. Institutionelle Ausbildungsstätten und private Dienstleister haben den Bedarf erkannt. Für Schulungsinteressenten ist es allerdings nicht einfach, Ausbildungsangebote einzuschätzen und zu vergleichen. Da sich ein einheitlicher Ausbildungsstandard noch nicht überall durchgesetzt hat, werden neben fachkompetenten, engagierten, an OpenBIM-, buildingSMART-, VDI- und anderen Richtlinien orientierten Angeboten auch schlichte Little/ClosedBIM-Softwareschulungen mit teilweise fragwürdigen BIM-Diplomen offeriert.
Deshalb bereitet buildingSMART in Kooperation mit internationalen und nationalen Partnern derzeit ein System zur BIM-Aus- und Weiterbildungszertifizierung vor, das qualifizierte Ausbildungsstätten listet und akkreditiert sowie qualifizierte BIM-Fachkräfte mit einem einheitlichen BIM-Wissen und vergleichbarem Kompetenzniveau ausweist.