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25.03.2021 | Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

3D-Laserscanner für BIM – Eine vergleichende Kurzstudie

BIM & Scan

Laserscanner werden mit unterschiedlichen Verfahren und verschiedener Software angeboten. Eine Hamburger Studie verglich sieben 3D-Laserscanner und erprobte sie auf ihre BIM-Tauglichkeit.

Motivation und Ziel der Studie

Die Verfügbarkeit von 3D-Objektdaten spielt eine immer wichtigere Rolle beim Bau und Betrieb von Gebäuden. Oft legen diese Daten eine Grundlage für Gebäudemodelle, die durch das Building Information Modeling eine Vielzahl von Anwendungsfällen zulassen. Neben geometrischen Maßen können auch Materialien und Objekte wie Türen oder Fenster abgebildet werden. So lässt sich der Zustand eines Bestandsgebäudes einfacher und genauer dokumentieren als durch manuell erstellte CAD-Modelle. Bei Neubauten kann so der As-Planned- mit dem As-Built-Zustand verglichen werden. Die Anwendungsmöglichkeiten für 3D-Objektdaten sind vielfältig.

Für die Aufnahme von 3D-Objektdaten werden terrestrische Laserscanner verwendet. Diese Geräte messen auf Basis eines abgelenkten Lasers Distanzen zwischen einem fest definierten Standpunkt und Objekten. Neben dem terrestrischen Laserscanning ist auch das kinematische Laserscanning möglich. Dabei befindet sich der Laserscanner nicht auf einem festen Punkt für die Messungen, sondern bewegt sich beispielsweise auf einem Schiebewagen. So sollen schneller größere Räume und Objekte aufgenommen werden.

Die aufgenommenen Scans werden in einer 3D-Punktwolke gespeichert. Auf Basis der 3D-Punktwolken können Gebäude und deren Bestandteile modelliert werden. Dazu müssen Punkte bestimmten Objektklassen zugewiesen werden, entweder manuell, semi- oder vollautomatisch. Im Lauf der vergangenen Jahre wurden vermehrt terrestrische und kinematische 3D-Laserscanner mit entsprechender Software zur Aufnahme und Auswertung von Punktwolken auf den Markt gebracht.
Es stellt sich nun die Frage, inwiefern diese Scanner bereits die Anforderungen für BIM in der Praxis erfüllen. Um sich dieser Frage zu nähern, wurde vom Institut für Technische Logistik der Technischen Universität Hamburg eine Kurzstudie in Kooperation mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Hamburg durchgeführt.

Ziel der Studie war die praktische Erprobung und der Vergleich verschiedener Scanner und Software anhand von Probemessungen. Die gewonnenen Daten wurden mit der jeweiligen Software ausgewertet.

Vergleichende Untersuchung von Messgeräten

Für die Studie wurden insgesamt sieben Geräte getestet und verglichen. Dabei handelte es sich um vier terrestrische und drei kinematische Laserscanner von sechs Herstellern (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Die Geräte wurden in der Versuchshalle des Instituts erprobt. Ausgehend von einer festen Position wurde ein 3D-Scan der Halle durchgeführt (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Grundriss der Versuchshalle mit Position der 3D-Laserscanner, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Es wurden sowohl Ausdrucke mit Testmustern als auch die Halle selbst mit ihrer Einrichtung gescannt (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Punktwolke der Versuchshalle, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Die Scans wurden in Abstimmung mit den Herstellern durchgeführt. Die Herstellersoftware wurde getestet, indem die aufgenommenen Messdaten registriert und verarbeitet wurden.

Neben den oben vorgestellten Geräten gibt es eine Reihe weiterer handgeführter Messgeräte, die zukünftig von Interesse sein könnten. Beispielhaft sind hier Geräte der Hersteller Paracosm oder DotProduct zu nennen. Auch werden Smartphones zur 3D-Vermessung seit einigen Jahren vorgeschlagen. Aktuell bietet Apple ein Tablet mit verbauten LiDAR-Sensor an. Aufgrund zu geringer Auflösung und Reichweite kamen diese Geräte jedoch für die Kurzstudie nicht in Betracht.

Ergebnisse der vergleichenden Untersuchung am Institut

Die vorgestellten terrestrischen Laserscanner unterscheiden sich bezüglich Flexibilität, Komfort und Geschwindigkeit der 3D-Vermessung. In der Qualität der Messdaten ergeben sich für Anwendungen im Kontext von BIM keine relevanten Unterschiede. Alle terrestrischen Laserscanner konnten die untersuchten Detailbereiche ähnlich gut abbilden. Nur auf den Panoramaaufnahmen sind Unterschiede bei kleinen Details zu erkennen.

Testmessung mit dem FARO Focus S70

Für die vertiefte Erprobung der 3D-Vermessung wurde der FARO Focus S350 gewählt. Er stellt einen guten Kompromiss aus Anschaffungspreis, Geschwindigkeit der Datenaufnahme, Zusatzfunktionen sowie einer intuitiv nutzbaren Software dar. Um eine 3D-Datenaufnahme inklusive der Bearbeitungsschritte an einem praktischen Anwendungsfall nachzuvollziehen, wurde eine Büroumgebung gescannt.

Als Beispiel dient ein Gebäudeabschnitt der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie (BUE). Dieser schließt neun Büroräume, einen Besprechungsraum und einen verbindenden Gang mit Sitzecke ein. Die gekrümmte Fassade des Gebäudes führt zu nicht-rechteckigen Grundrissen der Büroräume. Der verbindende Gang ist ebenfalls gebogen, sodass beide Enden nur von wenigen Punkten im Gang gleichzeitig sichtbar sind. Alle Räume sind vollständig mit Tischen, Stühlen und Schränken möbliert.

Ergänzend zur eigentlichen 3D-Vermessung wurden drei weitere Versuche durchgeführt: ein Scan mit Zielmarken zur Unterstützung der Registrierung, ein Vergleich verschiedener Scan-Auflösungen zur Wiedergabe von Details sowie ein Vergleich unterschiedlicher Positionen des Laserscanners im Raum zur Betrachtung von Abschattungen. Es wurden insgesamt 23 Laserscans aufgenommen.

Kriterium bei der Auswahl von Scanpositionen war eine gleichmäßige Abdeckung aller Oberflächen mit Messpunkten. Je geringer die Auflösung gewählt war und je stärker das Sichtfeld des Laserscanners beschränkt wurde, desto mehr Scan-Positionen wurden eingeplant. Abbildung 3 zeigt einen Grundriss mit den markierten Standorten, welche für den Gesamtscan ausgewählt wurden.

Abbildung 3: Grundriss der Büroumgebung für die Testmessung, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Die bei der Messung verwendeten Scan-Parameter sind in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Zur Registrierung wurden teilweise Zielmarken mit Schachbrettmustern und Zielmarken mit eindeutigen Symbolen sowie Kugeln (Targets) verwendet. Teilweise wurde auf das Setzen von Zielmarken verzichtet, um eine spätere Registrierung anhand von Flächen und Merkmalen zu erproben. Zusätzlich zu den Laserscans wurden Farbaufnahmen gemacht, um die Punktwolken später einzufärben. Eine Abbildung der eingefärbten Punktwolke ist in Abbildung 4 zu sehen.

Abbildung 4: Punktwolke der Büroumgebung, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Die Nachbearbeitung der Punktwolke wurde mit der herstellereigenen Software FARO Scene vorgenommen. Die zunächst verwendete automatische Registrierung konnte nicht alle Einzelscans korrekt ausrichten. Während die Scans aus dem Gang sowie aus den Büros mit nicht-rechteckiger Grundfläche als einzelne Punktwolken-Cluster registriert werden konnten, bestanden Probleme vor allem bei der Registrierung der sechs Einzelbüros mit ähnlichen rechteckigen Grundrissen. Sowohl eine manuelle Ausrichtung vor der Registrierung als auch eine schrittweise Registrierung in kleineren Clustern führte zu zufriedenstellenden Ergebnissen. Beide parallel zum Gesamtscan getesteten Typen von Targets – Schachbrett- und codierte Zielmarken – ließen sich in FARO Scene automatisiert erkennen und führten zu einer korrekten Registrierung.

Hohe Auflösungen bei der 3D-Vermessung führen zu detaillierten Daten, können aber die Scanzeit erhöhen. Tabelle 3 stellt die verwendeten Auflösungen mit der benötigten Scanzeit dar.

Tabelle 3, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Mit steigender Auflösung steigt auch die Anzahl der Punkte pro Flächeneinheit. Es zeigte sich, dass die aufgenommenen Details von allen Auflösungsstufen deutlich wiedergegeben werden, mit Ausnahme der kleinsten Stufe. Es ist davon auszugehen, dass die höheren Auflösungen bei Scans mit größeren Entfernungen von Vorteil sind.

Zur Untersuchung des Einflusses der Scan-Positionen auf Verdeckungen und Abschattungen wurden neun Einzelscans in einem Büro mit rechteckigem Grundriss ausgeführt. Variiert wurden zum einen die Spiegelhöhe des Laserscanners (84 Zentimeter, 123 Zentimeter, 164 Zentimeter) sowie die Position des Laserscanners auf der Längsachse des Raumes (näher zur Tür, Mitte, näher zum Fenster). Die Ergebnisse sind in Abbildung 5 zusammengeführt. In Weiß dargestellte Bereiche lagen nicht im Erfassungsfeld des Laserscanners. Es ist zu erkennen, dass Bereiche unterhalb des Schreibtischs erst bei niedrigeren Positionen erfasst werden. Jedoch kommt es auch hier durch Rollcontainer und Schreibtischstuhl zu Abschattungen.

Abbildung 5: Punktwolke der Messung auf Abschattungen und Verdeckungen, Bild: Johannes Hinckeldeyn, Marko Thiel

Zusammenfassend zeigt die Testmessung einer Büroumgebung, dass 3D-Datenaufnahmen mit modernen Laserscannern eine gute Datenqualität bei vertretbarem Zeit- und Arbeitsaufwand liefern. Die zur Datenaufnahme benötigte Zeit lässt sich durch Wahl einer möglichst niedrigen Auflösung reduzieren. Gleichzeitig verringert dies auch die Größe der aufgenommenen Punktwolken und erfordert so weniger Speicher und Rechenleistung.

Mit welchem Aufwand die Nachbearbeitung und Registrierung der Punktwolken verbunden ist, hängt vom Anteil der manuellen Eingriffe ab. So müssen z. B. Scans mit reflektierenden Objekten im Sichtfeld häufig manuell gesäubert werden. Die Anzahl und Ähnlichkeit der vermessenen Räume bzw. deren Grundrisse bestimmt u. a., ob eine automatische Registrierung im Nachgang der Messungen erfolgreich ist. Unterstützend können hier Zielmarken verwendet werden, die eine automatische Platzierung der Punktwolken ermöglichen.

Außerdem ist zu prüfen, ob eine Registrierung im Feld vorzuziehen wäre, die aufeinanderfolgende Scans bereits zueinander ausrichtet. Dies setzt jedoch einen leistungsfähigen Rechner vor Ort voraus. Bei anderen Herstellern kommen ergänzende Sensoren zum Einsatz, die eine Vor-Registrierung im Feld vereinfachen. Bezüglich der Positionierung der Laserscanner ist zu beachten, dass Abschattungen gegebenenfalls wesentliche Elemente im Aufnahmebereich verdecken.

Fazit

Die Durchführung von 3D-Vermessungen ist geeignet, den aktuellen Zustand von Gebäuden und Baustellen geometrisch zu erfassen. Dabei aufgenommene Punktwolken vereinfachen die Erstellung von BIM-Modellen deutlich. Die manuelle Nachbearbeitung sowie die eigentliche Modellierung in einer BIM-Autorensoftware sind jedoch zeitaufwändig. Zudem sind die Anschaffungskosten für entsprechende Laserscanner momentan noch hoch.

Wege zu einer effizienteren Nutzung liegen in den Bereichen Hardware/Sensorik sowie Software. Im Bereich Hardware/Sensorik werden kostengünstige Messgeräte benötigt, die einfach zu bedienen sind und in kurzer Zeit das detaillierte Vermessen großer Flächen erlauben, möglichst ohne Abschattungen. Die vergleichenden Tests haben gezeigt, dass bei Bedienbarkeit und Datenaufnahme interessante Entwicklungen zu verzeichnen sind. Sie finden sich z. B. in handgeführten Geräten, deren Scanqualität aber noch hinter terrestrischen Laserscannern zurückbleibt.

Auch Smartphones und Tablets mit zusätzlicher 3D-Sensorik werden seit einigen Jahren vereinzelt angeboten, aktuell z. B. ein Tablet mit LiDAR-Sensor durch Apple. Diese Entwicklungen gilt es weiter zu beobachten.

Im Bereich der Software wird an Algorithmen zur Objekterkennung in 3D-Daten geforscht. Neben der Erkennung von wesentlichen Merkmalen eines Gebäudes (Wände, Fenster, Türen) könnten künftig auch Algorithmen des automatisierten Fahrens von Interesse sein.

Insofern ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Hemmnisse zukünftig sukzessiv behoben werden und dass sich 3D-Scans zum Standard im Building Information Modeling entwickeln können.


Danksagung und Kontakt

Die gesamte Kurzstudie wurde unterstützt durch die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Hamburg und kann kostenlos auf der Webseite der TU Hamburg heruntergeladen werden (Klickpfad: Forschung – Projekte – Abgeschlossene Projekte – 3D-Objekterkennung auf Baustellen und Gebäuden)

Rückfragen an die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Hamburg sind über die Pressestelle möglich: pressestelle@bsw.hamburg.de

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Autoren

Dr. Johannes Hinckeldeyn ist seit 2016 als Oberingenieur am Institut für Technische Logistik beschäftigt. Seine Forschungsgebiete sind digitale Themen der technischen Logistik wie Lokalisierung, Künstliche Intelligenz und Simulation. (Bild: privat) tuhh.de/itl


Marko Thiel ist seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technische Logistik. In seiner wissenschaftlichen Arbeit befasst er sich mit Fragen der Robotik, der 3D-Modellierung von Objekten und Gebäuden sowie des Maschinellen Lernens. (Bild: privat)  tuhh.de/itl

 

 

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