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Iphigenie Traxler, Petra Wörner

Wie BIM diszipliniert. Wer von BIM profitiert.

BIM in der Praxis

Zum intelligenten, aktiven Umgang mit BIM-generierten Daten – Erfahrungen des Architekturbüros wörner traxler richter.

Einführung

Seit Jahren, eigentlich seit Beginn des digitalen Zeichnens und Datenverwaltens, beschäftigte uns im Architekturbüro die Frage, wie das ganze jeweils erarbeitete und erworbene Wissen um das individuell geplante und gebaute Haus unserem Bauherrn kompakt und handhabbar zur Verfügung gestellt werden kann. Es leuchtete uns nicht ein, dass derjenige, der alle Daten, alle Zeichnungen, sogar alle eingebauten Produkte des Hauses kennt, mit diesem Wissen aus dem Projekt entschwindet und denjenigen, der in den folgenden 50 Jahren mit und in diesem Gebäude leben wird, lediglich mit einem Haufen Plänen zurücklässt.

Spätestens seit der Digitalisierung der Planungsprozesse ist der Weg für eine geordnete Übergabe geebnet. Zumindest scheinbar, denn bis zur Implementierung eines guten BIM-Systems im Architekturbüro ist es immer noch ein langer Weg.

Abgesehen vom ungeheuren Mehrwert, den die Planungsmethode BIM aus unserer Sicht und ganz offensichtlich für den Bauherrn bzw. Immobilieneigner generiert, gibt es für uns intern einen weiteren Grund, aus dem sich unser Interesse an dem intelligenten, aktiven Umgang mit Daten zwangsläufig ableiten lässt, nämlich die Optimierung der Zusammenarbeit der verschiedenen Planungsdisziplinen.

Beeinflußbarkeit der Baukosten in Abhängigkeit zum Projektstadium und Honoraranspruch nach HOAI (Bild: BIMwelt GmbH | wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh)

Wie viel fruchtlose Zeit verrinnt in sinnlosen und ineffektiven Abstimmungen zwischen den Gewerken, wie viele ergebnisfreie Planläufe werden mit den Kollegen der mechanischen Gewerke erarbeitet, bis ein theoretisch kollisionsfreier Plan entwickelt ist. Wie viel Ärger machen und wie viel Geld kosten später am Bau die eben doch nicht kollisionsfrei geplanten Trassenführungen. Die Planungsmethode BIM präsentiert hier zumindest einen ausbaubaren Lösungsansatz.

Bauvorhaben werden immer komplexer, ihr Grad an Technisierung nimmt ständig zu. Mit Building Information Modeling (BIM) sollen Informationen rund um das Bauprojekt zentral erfasst und genutzt werden. Die Planungsmethode ermöglicht eine transparente Integration aller beteiligten Fachdisziplinen und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. BIM hilft Planungsfehler zu vermeiden, Risiken am Bau zu mindern und das Bauvorhaben für die spätere Betriebsphase des Gebäudes vollständig zu dokumentieren, letztlich den Projekterfolg zu sichern.

Voraussetzungen

Nun liegt im Erwerb einer BIM-Planungsmethode nicht die Lösung, sie muss beherrscht und bedient werden. Nach wie vor werden die projektbezogenen Lösungen von Menschen individuell erbracht, erdacht, erarbeitet und begleitet.

BIM-Benefits (Bild: wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh)

Techniken, die nicht über genügend oder ausreichend qualitätvolle Schnittstellen zu anderen marktgängigen Systemen verfügen, Methoden, die zwar sehr viel bieten, deren Fähigkeiten von normal ausgebildeten Planern aber erst nach einem zusätzlichen Informatikstudium aufgeschlossen werden können, oder Systeme, die als Prototypen erst vom anwendenden Architekten zur Serienreife geführt werden müssen, erschweren Planungsbüros den Zugang.

Aber die Architektenszene und die Entwicklerszene haben begonnen, miteinander zu sprechen. Seit sich hier ein Austausch entwickelt, steht auch die Architektenszene BIM aufgeschlossener gegenüber. Inzwischen werden die Chancen der Planungsmethode höher bewertet als ihre Risiken.

Die Verunsicherung der Architekten der Methode gegenüber weicht nicht der Euphorie. Will man aber als Architekt komplexer Projekte auch in Zukunft die Schnittstelle zwischen Auftraggeber und den Planungsbeteiligten, Behörden und Ausführenden bedienen und alle Phasen des Planen und Bauens professionell, ästhetisch und effektiv begleiten, ist die Einführung der Planungsmethode BIM in den Büroalltag unabdingbar.

Gegenüberstellung Klassische Planung und Dynamische Betrachtung (Bild: BIMwelt GmbH | wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh)

Natürlich können sich Architekten auf die Kernkompetenz des Erfinders zurückziehen, natürlich können sie die Ausführung und Umsetzung komplexer Bauprojekte allein den großen Generalunternehmen überlassen. Allerdings ist der Architekt aufgrund seiner Ausbildung und seines interdisziplinären Wissens derjenige, der allein die Koordination der Vielzahl von Beteiligten und die Verantwortung für die Qualität des Gesamtergebnisses übernehmen kann.

Klar ist, dass die Architekturszene mit Einführung der neuen Methodik in ihren Planungsalltag mit der Methodik vertraute und qualifizierte Mitarbeiter braucht, die in ihrer Anwenderintelligenz der Maschine nicht unterlegen sind. Klar ist auch, dass die Architekten diese ebenso wie die Entwickler, die sich in die Aufgabenwelt der Planenden und Bauenden versetzen können, aus ihren Reihen selbst generieren müssen. Und der Markt hält diese Experten bisher nicht in ausreichendem Maße bereit.

Klar ist auch, dass es mehr Schulterschlüsse zwischen den Planungsdisziplinen braucht und Bauherren, die bereit sind, die geänderten Anforderungen an alle Planer im BIM-Planungsprozess auch vertraglich zu regeln, um alle Benefits, die die Methodik bieten kann, zu generieren.

BIM-Organisation und Verantwortlichkeiten (Bild: BAM Swiss AG/BAM Deutschland AG)

Der letzte Punkt ist ein ganz entscheidender, und er wird inzwischen auch in unterschiedlichen Expertenforen und Gremien diskutiert und bearbeitet. Nur durch das Vorziehen von detaillierten Festlegungen im frühen Planungsprozess kann ein Bauprojekt unter BIM wirklich gelingen. Planung unter BIM bedeutet also, dass die Planung zu einem früheren Zeitpunkt mehr Planungsgeld kostet. Im Ergebnis aber werden dem Bauherrn viele Aufwände erspart, nicht nur hinsichtlich der Planungsleistungen, da die höhere Planungsdisziplin weniger Planänderungen nach sich zieht, sondern auch hinsichtlich der Bauleistungen, da mit weniger Zeitverzügen und Planungskollisionen zu rechnen ist. Zudem erhält der Bauherr nach Erstellung seines Bauwerks einen detaillierten und kontrollierbaren Datensatz, mit dessen Hilfe er maßgeblich die Lebenszykluskosten seines Hauses, nämlich Betriebsdauer und andere Stellparameter, eigenhändig beeinflussen bzw. steuern kann.

Profiteure

Profitieren wird an diesem System jeder am Baugeschehen Beteiligte. Zu allererst der Bauherr, der ein besseres, nachhaltigeres Gebäude erhält, entstanden in einem konfliktfreieren, planbaren Prozess, abgeschlossen mit einer Dokumentation aller verbauten Elemente.

Dem Architekten bleiben, immer den idealtypischen Ablauf vorausgesetzt, zähe und Streitpotential erzeugende Planungsprozesse erspart. Stattdessen generiert sich ihm ein erheblicher Zeitgewinn, und er kann wieder verstärkt seinen eigentlichen Zielen und deren Entwicklung dienen, der Architektur und Baukultur.
Auch ist BIM ein sehr taugliches Mittel, um das geschädigte Image der deutschen Bauwirtschaft aufzupolieren, denn entsprechend angewendet schafft BIM ein hohes Maß an Planungssicherheit. Das Wissen und die Mittel sind da, um öffentliche und private komplexe tenziale zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung im Bau- und Nutzungsprozess erschließen lassen. Speziell die Anwendbarkeit effizienter und integrativer Methoden des Planens und Konstruierens wird durch die Entwicklung und Anwendung innovativer AEC-Systeme (Architecture, Engineering and Construction) entscheidend verbessert.

Innenraumvisualisierung Magistrale Neubau Klinikum Frankfurt Höchst (Bild: wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh)

Die Basis zur Integration der einzelnen Prozesse ist ein konsistentes, virtuelles Bauwerksmodell, das über die verschiedenen Phasen der Planung, Erstellung und Nutzung fortgeschrieben wird. In diesem Modell werden die räumliche Struktur, Bauteile und Attribute (z. B. Bauteiltyp, verwendete Materialien, bauphysikalische Eigenschaften, Ausstattung und Kosten) abgebildet und verwaltet.

Obwohl Software-Applikationen verfügbar sind, die modellbasierend ein Kostenmanagement, eine Bauablaufsimulation oder komplexe Simulationen zur optimierten Auslegung der technischen Anlagen sowie die Detektion räumlicher geometrischer Konflikte längst ermöglichen, ist deren wertschöpfende Anwendung noch nicht weit verbreitet. Ausnahmen bilden hier bisher nur vereinzelte Pilotprojekte weniger innovativer Bauunternehmer bzw. Generalplaner. Werden moderne, modellorientierte CAD-Systeme nur als „digitales 2D-Zeichenbrett“ eingesetzt, bleiben mögliche Potenziale der hohen Informationsdichte der Planungsmethode BIM für alle Folgeprozesse ungenutzt.

Die Einführung im Architekturbüro

Das Architekturbüro wörner traxler richter begreift BIM als Chance und verwendet die Planungsmethode seit 2013 bei einem Großteil seiner komplexen Bauprojekte. Als die Direktion der Universitären Altersmedizin Felix Platter in Basel 2013 einen TU-Wettbewerb für den Neubau der Klinik auslobte, nahm sie alle geladenen Teilnehmer, u. a. auch das Büro wörner traxler richter als Architekten in die Pflicht, bereits ihre Wettbewerbsentwürfe mit BIM zu erarbeiten. Für die Schweiz war das 2013 ein Pilotprojekt, für das Architekturbüro wörner traxler richter eine seiner frühesten BIM-Planungen. Das Ergebnisstellt heute, kurz vor der Fertigstellung des Hauses, alle zufrieden, die Planer ebenso wie die Auftraggeber.

BIM hat sich für das Architekturbüro im Laufe der Projektarbeit als optimaler und zukunftsweisender Planungsweg für seine komplexen Großprojekte herausgestellt. Schon allein die Tatsache, dass der Bauherr eines Großbauvorhaben mit dieser Methode umzusetzen.

Die Planungsmethode BIM, was ist das eigentlich?

Building Information Modeling (BIM) – oder auf Deutsch Gebäudedatenmodellierung – ist eine modellbasierende Planungsmethode. Die Basis bildet ein 3D-Modell aus attributierten Bauteilen, also die Kombination von 3D-Geometrie mit alphanumerischer Information. BIM ist keine Software, aber eine Software kann BIM-fähig sein.
Von der Entwickler- und Herstellerseite der Systeme werden endlos und undurchsichtig scheinende Einsatzmöglichkeiten und Erfolgspotenziale propagiert, was bei den Anwendern wie Bauherren, Betreibern und Planern eher Unsicherheit als Sicherheit hervorruft. Aber in den USA, in Großbritannien und den skandinavischen Ländern ist der Einsatz der Planungsmethode BIM bereits etabliert oder wird seitensdes Gesetzgebers gefordert und gefördert.

Auch hiesige Studien versprechen – und seit einiger Zeit zeigen es auch die hiesigen Praxisbeispiele –, dass sich durch den Einsatz von 3D-Modellen in der Planungsphase erhebliche PoBIM-Projekts den Verlauf des Baufortschritts Schritt für Schritt – also kontinuierlich – alle Planungsergebnisse verfolgen und absegnen muss, erzeugt einen stets informierten, immer erfahrener werdenden, entscheidungssicheren Auftraggeber und gewährleistet dem Planer die Planungssicherheit, die er braucht.

Innenraumvisualisierung Patientenzimmer Neubau Klinikum Frankfurt Höchst (Bild: wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh)

wörner traxler richter haben bereits vor dem Wettbewerb und unter dem später erfolgten Auftrag an den Totalunternehmer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) HandinHand für den Neubau der Klinik in 3D gezeichnet. Insofern war dreidimensionale Planung kein Neuland für das Büro. Wer 3D modelliert, der hat einen Teil der Lernkurve zu BIM schon hinter sich. Neu war lediglich die Attributierung der Planangaben im Zuge von BIM. Jeder Strich enthält heute einen Inhalt und ist mit bis zu 100 Attributen belegt.

Zunächst müssen also die Anzahl und Zuweisung der Attribute, der sogenannte LOD (Level of detail), mit den Bauherren für jede Planungsphase festgelegt werden, bevor sie in der BIM-Planung angelegt werden können. Die Herausforderung dabei ist, dass Bauherren und Planer in diesem Prozess lernen müssen, die Anforderungen an die Attribute auf ein realistisches und zeitlich innerhalb des Planungsprozesses machbares Maß zurückzuführen. Und neben den eigenen Mitarbeitern heißt das auch, alle Fachplaner mitzunehmen.

Im Grunde genommen sind die wesentlichen, die Nutzung der Räume betreffenden Parameter noch vor dem ersten Strich in das Raumprogramm einzupflegen. Dann lassen sich Raumattribute wie die Notwendigkeit der Klimatisierung bestimmter Bereiche und damit der Bedarf an technischer Gebäudeausrichtung rechtzeitig klären und letztlich wirklich Kostensparen. Eine frühzeitige Erarbeitung und Festlegung der Gebäudeparameter macht es möglich, genaue Werte zu ermitteln, die sonst geschätzt und mit Sicherheitszuschlägen und Redundanzen versehen werden müssen.

Neubau Klinikum Frankfurt-Höchst – eine der ersten Niedrigenergiekliniken Europas

Bei einem zeitgleich entwickelten Projekt des Büros, dem Neubau des Klinikums Frankfurt-Höchst, hat die oben beschriebene Vorgehensweise zu direkten Kosteneinsparungen geführt. Der Bauherr benötigt heute nur vier Trafos für den Betrieb seiner Klinik, an Stelle von sechs Trafos, die er unter konventioneller Planungsweise hätte vorhalten müssen. Indem die Planer BIM über die Planungsmethode BIM den Bauherren also rechtzeitig in die Pflicht der Klärung und Bestimmung solcher und anderer technischer Details nahm, wurden definitiv Baukosten reduziert und eine bedarfsgerechte Technik planbar.

Außenansicht der Universitären Altersmedizin Felix Platter nach der Fertigstellung (Bild: wörner traxler richter planungsgesellschaft mbH/Frank Blümler)

Grundsätzlich muss bei einem Krankenhausprojekt zwischen den Anforderungen der späteren Nutzer und denen des Bauherrn unterschieden werden. Beide Bedarfsprofile werden vom Planungsteam koordiniert. Die Nutzerprofile werden in den Architektenentwürfen berücksichtigt und auf Tauglichkeit geprüft. Beim Klinikum Frankfurt-Höchst kam die An- und Herausforderung, die Pflegebereiche im Passivhausstandard umzusetzen, mitten in den bereits angelaufenen Planungen. Dies war für die Architekten des Hauses Auslöser, das Projekt auf die Planungsmethode BIM umzustellen. Die entscheidenden Treiber für den Wechsel zu BIM waren über sie mögliche Energiesimulationen und Energieberechnungen.

Es war eine Pionierarbeit, eine der ersten Niedrigenergiekliniken Europas im Frankfurter Westen zu planen und zu bauen. Mit Hilfe einer sogenannten dynamischen Planung – BIM ist eine solche dynamische Planungsmethode – sollte das neue Klinikum trotz engen Budgets, hohen architektonisch-konzeptionellen Einzelanforderungen und innovativem Technikanspruch zu einem grünen Leuchtturmprojekt im Herzen des Frankfurter Stadtteils Höchst werden.

Mit BIM konnte zumindest zum damaligen Zeitpunkt (2013) im Büro wörner traxler richter nicht schneller geplant werden, und BIM bedeutete auch keinen geringeren Planungsaufwand. Aber BIM schaffte höhere Kostensicherheit durch eine verbesserte Kalkulationsgrundlage, geringere Planungskollisionen durch größere Transparenz im Planungsgeschehen, konnte Betriebsabläufe simulieren, für eine perfekte Gebäudedatendokumentation sorgen und Folgekosten – wie z. B. die Betriebskosten eines Gebäudes – erheblich beeinflussen bzw. verringern. Voraussetzung dafür war eine genaue Ermittlung der Nutzungsprofile aller Räume, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Hinsicht auf die Nutzung der medizintechnischen Einrichtungen.

Bei der Entwicklung des Neubaus Klinikum Frankfurt-Höchst konnte die Betrachtung der Raumlufttechnik über die dynamische Planung definitiv das Volumen der einzubauenden Gebäudeausrüstung verringern. Denn über eine raumweise Abbildung der realen Profile der Heiz- und Kühlleistungen, die raumweise Auswertung der Raumtemperaturen innerhalb der Zeitverläufe und die Identifizierung sogenannter Hot-Spots (Räume mit hohen Kühllasten und/oder Raumtemperaturen) im Haus kann eine passgenaue Technische Ausrüstung konzipiert werden. Und diese konnte, wie oben beschrieben, im Bereich der Stromversorgung gegenüber einer auf klassischer Planung basierenden Konzeption um eine Trafo-Anzahl von sechs auf vier verringert werden. Die handfeste positive wirtschaftliche Auswirkung präsentierte sich hier bildhaft und barg sogar Effekte auf den städtebaulich/architektonischen Entwurf.

Die Herausforderung

Der erste Spatenstich für den Neubau des Klinikums Frankfurt-Höchst erfolgte im Juni 2016. Dann übernahm ein Generalunternehmer die bauliche Umsetzung der Planungen des Architekturbüros wörner traxler richter. Das aus vier miteinander vernetzten Querriegeln aufgebaute Klinikgebäude birgt auf etwa 34.500 Quadratmetern Nutzfläche bzw. rund 79.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche 666 stationäre Betten, 61 intensiv überwachte Betten, 40 tagesklinische Plätze, 10 OP-Säle und einen Hybrid-OP. Die Fertigstellung bzw. Eröffnung und Inbetriebnahme des Neubauprojekts wird 2019 sein.

Solibri Model Checker Universitäre Altersmedizin Felix Platter (Bild: BIMWelt GmbH/wörner traxler richter planungsgesellschaft mbH)

Ein Krankenhaus, das dem Passivhausstandard entsprechen wird – das war die zentrale Forderung der Stadt Frankfurt am Main. Dieser Anspruch war auch für ein etabliertes Architekturbüro eine echte Herausforderung. Wände, Fenster und Dach sind beim Passivhausstandard stark isoliert. Gleichzeitig erzeugen medizinische Geräte wie Kernspintomografen oder Röntgengeräte und hunderte von Menschen, die sich in einem Krankenhaus aufhalten, eine erhebliche Abwärme. Diese thermischen Faktoren müssen über einen längeren Zeitraum berechnet und in der Planung berücksichtigt werden. Für die Berechnungen war es notwendig, das Architekturmodell in Allplan mit den Daten der Fachplaner anzureichern, so dass genügend Informationen für eine Energiesimulation vorliegen.

Das hieß:
• Die Daten aller relevanten Fachplaner als Basis für Energieberechnungen einbinden
• Die Thermik innerhalb des Klinikums über ein fiktives Jahr hinweg simulieren
• Die aus der Simulation gewonnenen Erkenntnisse in die Planung einfließen lassen

Die Lösung

Um das Klinikum Frankfurt-Höchst gemäß dem Passivhausstandard und der DIN-Vorgabe 13080 für Krankenhäuser planen zu können, stellte das Architekturbüro wörner traxler richter seine Arbeitsweise während der Planung auf die BIM-Methode um und setzten dabei Allplan Architecture gemeinsam mit dem CAFM-System Allplan Allfa ein. Architekt Dirk Hennings, ein BIM-erfahrener IT Berater im Bauwesen, und David Tocü, Projektleiter in der INVISCOtec GmbH, standen dem Architekturbüro bei der Implementierung und sachgerechten Nutzung zur Seite.

Der große Vorteil von Allplan war, dass auf Basis eines detailreicheren und präzisen Architekturmodells simuliert werden konnte. Das webbasierte Facility-Management-System Allplan Allfa diente dabei dem Zusammenführen und Übertragen der Daten aus der Fachplanung an Allplan Architecture. Da Allplan Allfa webbasiert ist, konnten die Fachplaner problemlos über das Internet in die Allfa-Datenbank eingebunden werden. Für jeden Planungspartner wurden dabei spezifische Eingabemasken angelegt, die die Dateneingabe erleichterten. Anschließend wurden die so gesammelten Daten über die bidirektionale Schnittstelle an Allplan
Architecture übergeben und in das Architekturmodell integriert. Das derart angereicherte Modell spielten die Planer dann per IFC-Schnittstelle ins Simulationsprogramm Ida-ICE ein und konnten nun die Energiesimulationen durchführen. Die Ergebnisse dieser Energieberechnung wurden dann in Allplan Architecture übernommen und bei der weiteren Planung berücksichtigt. Auf diese Weise gelang es, die Thermik innerhalb des Gebäudes über ein fiktives Jahr hinweg zu simulieren und zu prüfen, ob die geforderten Standards eingehalten werden.

Laut David Tocü gibt es bei der gemeinsamen Planung noch wesentliche Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. So kann beispielsweise der vom Architekten an die TGA übermittelte Plan derzeit noch nicht für die Eingabe von TGA-Informationen verwendet werden. Häufig ist eine erneute Planungszeichnung für dessen Gewerke erforderlich.

Als wichtigen Aspekt sieht Tocü das gegenseitige Vertrauen aller Beteiligten. Aber die Ergebnisse der BIM-Planung des Klinikums Frankfurt-Höchst beeindrucke. Die in der Planung simulierten und berechneten Werte für Raumklima zeigten für die insgesamt 3.000 geplanten Räume in der Betreiberphase eine Abweichung unter 10 Prozent zum berechneten Wert. Ein mehr als gutes Ergebnis. BIM erfordere auf Bauherrenseite viel Disziplin im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren. Die eingangs
sehr viel intensivere Auseinandersetzung mit dem Gebäude zahle sich jedoch aus. Planungsfehler würden vermieden. Darüber hinaus ermögliche BIM erhebliche Einsparungen in der Betriebsphase.

Aufgrund dieses vernetzten und weitreichenden Einsatzes der BIM-Technologie am Klinikum Frankfurt-Höchst wurde das Projekt bzw. der Totalunternehmer BAM Deutschland AG zum Gewinner des buildingSMART Award 2017 in der Kategorie Konstruktion gekürt, da hier sowohl während der Planungsphase als auch während der Bauarbeiten und des anschließenden Betriebs die BIM-Technologie eingesetzt wurde und wird. Mithilfe verschiedener Software werden während der Bauarbeiten die einzelnen Abläufe überwacht, Qualitätschecks vorgenommen und Arbeitssicherheitschecklisten grafisch ausgewertet. Vielfältige Stadien eines Bauprozesses können so miteinander verknüpft und die Arbeiten anhand einer Simulation des Bauablaufs somit gezielt geplant und überwacht werden.

Universitäre Altersmedizin Felix Platter – Pionierprojekt in der Schweiz

Bei der Vergabe der BIM Awards wird Wert auf die Effizienz und Innovation des Einsatzes der BIM-Methodik gelegt. Im Jahr 2016 erhielt das Projekt Universitäre Altersmedizin Felix Platter in Basel den buildingSMART Award in der Kategorie „Operation and Maintenance Using Open Technology“ für den gelungenen Einsatz von Digital Construction am Projekt.

Die im Markt angebotenen Technologien können meist nicht den geforderten Prozess komplett abdecken, deshalb müssen die Funktionalitäten der gewählten Technologie im Verlauf des Projekts selbstständig und in Kommunikation mit dem Anbieterweiterentwickelt werden.

Im Projekt Universitäre Altersmedizin Felix Platter, das seit der ersten planerischen Überlegung der BIM-Methodik unterlag, macht sich die durch BIM notwendig gewordene Disziplinierung aller am Bau beteiligten Partner an zahlreichen Punkten positiv bemerkbar – zum Beispiel an der geringeren Zahl der Kollisionen zwischen und innerhalb des Planungsteams.

Mit dem ARGE-Projekt HandinHand/Universitäre Altersmedizin Felix Platter wurde ein Open-BIM-Projektgewählt, bei dem jeder Fachplaner mit der Software seiner Wahl arbeiten kann. Voraussetzung ist nur, dass die Software Dateien im IFC-Format austauschen kann. Zum Einsatz kommen Allplan und Plancal Nova als CAD-Systeme, Solibri Model Checker für die Koordination und Prevera als Datenbank für das Raum- und Gebäudebuch. Es handelt sich hier um Big BIM, da alle an der Planung Beteiligten die Planungsmethode BIM für die Zusammenarbeit anwenden. Sogar in der Ausführung wird das BIM-Modell genutzt (BIM to Field).

Im vierzehntägigen Rhythmus laden Architekten und Kollegen ihre Daten in ein IFC-Modellein und starten einen Solibri Model Checker. So kontrollieren sie, ob beispielsweise Rohre unterhalb Planhöhen abgehängter Decken verlaufen oder statische Elemente wie Unterzüge mit Haustechniktrassen kollidieren. Das klappt und hat die Prozesse sehr beschleunigt, zumal der Koordinator aller Planungsbeteiligten rechtzeitig erkennen kann, wenn jemand mit der Arbeit in Rückstand geraten ist.

Bereits zum Totalunternehmer-Wettbewerb mussten die Teilnehmer ihre Projekte als BIM-Modelle einreichen. Dabei war vorzusehen, am Ende des Projektes das BIM-Modell der Planung und Ausführung ins Facility-Management zu überführen, also die Informationen aus Planung und Bau auch im Betrieb nutzen zu können. Ein Krankenhausbetreiber kann über BIM seine finanziellen Risiken in der Erstellung und in der Betriebsphase eines Hauses erkennen, besser steuern und reduzieren.
Durch ein Virtual Maintenance System (VMS) wird dem gesamten Baustellenteam das BIM-Modell zugänglich gemacht. Mit der mobilen Lösung haben die Bauleiter der BAM Swiss AG auf dem Tablet PC immer alle aktuellen Pläne, Dokumente und 3D-Modelldaten vor Ort dabei. Qualitäts- und Sicherheitschecklisten werden direkt auf dem Tablet PC bearbeitet. Mängel werden standortbezogen aufgenommen sowie Fotos und sonstige Dokumente direkt hinterlegt. Für die aufgenommenen Mängel wird ein Workflow zur Mängelbeseitigung ausgelöst und nachverfolgt. Es werden Aufgaben an Nachunternehmer zugewiesen, mit der Markierung des Bereichs, in dem die Nachunternehmer als nächstes arbeiten müssen.

Folgeprojekte

Noch mehr Nutzen für alle wird es geben, wenn die Teams ihre eigenen Zeichnungen vor dem Einladen in das Modell selbst checken, um Planunstimmigkeiten auszumerzen. BIM diszipliniert alle. Diese Arbeitsvorteile genießen Bau­herren und Planungsteams bei der Erarbeitung weiterer Planungs- und Bauaufgaben des Büros, wie z.B. dem Nouveau Bâtiment Centre am CHL in Lu­xemburg und der Mensa der Universität Duisburg.

BIM-Empfehlungen an Architektenkollegen

• frühzeitig mit dem Bauherrn die Vorgehensweise festlegen, insbesondere bezüglich des Zeitplans und des gewollten Ergebnisses
• frühzeitig mit dem Bauherrn Honorarverschiebungen kommunizieren
• BIM-Koordinator frühzeitig beauftragen
• BIM-Version festziehen, z. B. die Qualität der Menge der festzulegenden Attribute
• Austauschformate (IFC) und technische Möglichkeiten mit allen Fachplanern besprechen
• TGA-Planer auswählen, die Hand in Hand an dem Thema BIM arbeiten wollen
• Mitarbeiterfortbildung und Akquisition

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© BIMWelt GmbH/wörner traxler richter planungsgesellschaft mbH
BIM-Grafik Universitäre Altersmedizin Felix Platter
Autoren

Dr. phil. nat. Iphigenie Traxler ist Naturwissenschaftlerin. Sie schreibt für naturwissenschaftliche und architektonische Fachzeitschriften als freie Journalistin und bearbeitetseit 1994 Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation des Architekturbüros wörnertraxler richter.


Dipl.-Ing. Petra Wörner ist Architektin BDA, Geschäftsführende Gesellschafterin der wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh und leitet mit ihren Partnerinnen und Partnern das zu den großen Architekturbüros in Deutschland zählende Unternehmen mit über 160 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an den Standorten in Frankfurt, Dresden und München. wtr-architekten.de

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